Montag, 2. Mai 2016

Der inklusive Montag: Begegnungen


 Der inklusive Montag findet hier mehr oder weniger regelmäßig statt. Hier gebe ich einen kleinen Einblick in die vielseitigen Chancen und Möglichkeiten, die die Inklusion mit sich bringt. Wer nochmal nachlesen möchte, was Inklusion überhaupt bedeutet, kann das hier nochmal tun. Grundsätzlich soll es um die guten Seiten gehen, um das was schon funktioniert und um das wo sich noch etwas ändern muss. Hier soll nicht gemeckert, sondern angepackt und sich gefreut werden. Anzumerken ist zum Schluss, dass ich "nur" eine Seite der Inklusion beleuchten kann, da ich "nur" Sonderpädagogin bin. Aber vielleicht finden sich ein paar Menschen, die gastbloggen möchten. In diesem Falle bitte gerne bei mir melden.
 Thema heute: Begegnungen


 Vor knapp eineinhalb Wochen war ich bei einem fabelhaften Barcamp. Es war so ein Treffen von Menschen, die sich mit Inklusion beschäftigen, auf dem ich mich so richtig pudelwohl gefühlt habe. Das hatte verschiedene Gründe. Einer war sicherlich der fachliche und emotionale Umgang mit dem Thema. Korrekte Verwendung von Begrifflichkeiten, Einigkeit darüber, dass es nicht um die Kostenfrage gehen kann. Einige der Teilnehmenden hatten noch nicht so viele Berührungspunkte mit dem Thema, waren aber das, was man vermutlich vorurteilsfrei und neugierig nennen kann, andere waren voll drin, von mehr oder weniger gelungener Inklusion betroffen.


 Was aber meiner Meinung nach zum unglaublich guten Austausch beigetragen hat, war die Anwesenheit von einigen Inklusionsbotschafter*innen. Berhinderte Menschen als Expert*innen in eigener Sache. Wir hatten ein paar sehr spannende Unterhaltungen. Dabei ist mir nochmals bewusst geworden, dass wenn über Inklusion gesprochen wird, viel zu wenig mit behinderten Menschen gesprochen wird. Zumindest in Bereichen, in denen ich mich bewege. Begegnungen finden kaum statt, sind schwer zu schaffen. Während ich nach der Fortbildung durch die Sonne nach Hause spazierte, dachte ich, dass das doch eingentlich ziemlich schade und ziemlich großer Mist ist. Ich überlegte, wo ich meine Begegnungen finde. Sicherlich mit meinen Lernenden und mit den Teilnehmenden meines Jugendtreffs. Früher waren es ein Kind in unserer Straße mit dem wir spielten, als sei nichts dabei. In meiner Klasse, als ich noch Schülerin war, gab es zwei Mitlernende mit Spastiken. Ich fragte mich weiter, wo unsere Begegnungen endeten. Ich musste feststellen, dass sie immer von der Institution Schule beendet wurden. Mit der Separierung an Förderschulen unter dem Argument, dass diese Kinder und Jugendlichen an Regelschulen nichts lernen könnten. Das fand ich als Kind und Jugendliche schon nicht nachvollziehbar. Heute finde ich das vor allem schade. Die Erwachsenen trennten Freundschaften, verhinderten, dass von- und miteinander lernte, miteinander lebte. Ich kann mich nicht erinnern, dass in meiner Kindheit und Jugend, etwas an der Behinderung der anderen behindernd für unsere Freundschaften war. Aber so lebten wir uns auseinander. Heute treffen wir uns schon lange nicht mehr. Nicht mal zufällig. Ich lebe in einer nicht behinderten aber behindernden Welt. Das Treffen auf dem Barcamp hat mir einmal mehr vor Augen geführt, wie sehr ich diese Begegnungen vermisse. Und wie blöd ich das finde, dass sie so anstrengend herzustellen sind. 


  Es könnte mir egal sein. Aber ich bin ein Mensch, der gerne über den Tellerrand schaut, der neugierig darauf ist, wie andere die Welt sehen, weil es meine blinden Flecken füllt und öfter auch spannende Seiten der Welt zutage bringt. Viele Menschen leben in einer Suppenschüssel und der Deckel ist noch drauf. Da ist es schwer, über den Tellerrand zu blicken. Einige möchten das vielleicht auch gar nicht, aber sicherlich wäre es für viele bereichend. Ich würde mir so sehr wünschen, dass behinderte und nichtbehinderte Menschen sich öfter treffen. Das das auch leichter wird, ohne dass irgendwer ständig die Kostenkeule schwingt. Nur für ein bisschen wohlfühlen, Normalität, wo viele gar keine Normalität vermuten. Orte der Begegnung bräuchte es. Vielleicht wäre das mit der Inklusion dann auch leichter.

5 Kommentare:

  1. Da hast du völlig recht.
    Ich denke auch, dass die Handlungen und Entscheidungen, die in der Inklusionsarbeit gemacht werden nur sehr kleine Schritte sind und dann aber auch sehr behindernd sein können.
    Unser Sohn zb hat seit letztem Schuljahr eine Inklusionshelferin ( Heilerziehungspflegerin) die großartige Arbeit leistet und ihm Hilft, seinen Platz in der Schulgemeinschaft einzunehmen.
    Der zuständige Bezirk hat nun entschieden, dass diese gute Seele überqualifiziert ist und will diese nun abziehen. Sie würde zu viel kosten, eine Hilfskraft soll reichen.
    Wir widersprechen, aber ob erfolgreich stellt sich noch raus.
    Das Problem: alle, die entscheiden, sind nicht betroffen. Betroffene würden oft ganz anders entscheiden oder handeln. Aber sie werden meist nicht gefragt.
    Körper behinderte Menschen können immer noch für sich selbst sprechen und kämpfen, aber die geistig behinderten Menschen bleiben total außen vor. Sie können keine eigene Lobby bilden und die, die für sie stark sind ( in der Regel sind das die Angehörigen), haben irgendwann nicht mehr genügend Kraft.
    Es muss sich noch sooo viel ändern.
    Aber jetzt noch mal zum Kapitalismus:
    Habe den Gutschein eingelöst, und mich natürlich nicht entscheiden können. So trage ich bald tshirt und Tasche spazieren : )
    Darf man das unterstützenden Kapitalismus nennen?
    Hoffe es geht dir wieder besser.
    Hatte auch das ganze Wochenende Kopfschmerzen. .. grrr
    Liebe Grüße
    Und schönen Lieblingstag
    Angela

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    1. das neue behindertengleichstellungsgesetz wird das alles auch nicht verbessern, obwohl frau nahles so stolz darauf ist, dass so viele menschen aus interessenvertretungen gehört wurden... sprachlosigkeit. beispiele wie deines werden die zukunft von inklusion pflastern... ich wünsche dir viel kraft!
      liebst,
      jule*

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  2. Das Problem ist ja auch, dass es normal ist, keine/ kaum Menschen mit Behinderungen zu sehen. Ein unverkrampfter Umgang ist ja schon allein dadurch kaum möglich. Orte der Begegnungen müssen her... Und ja, bestimmt wäre es so viel bereichernder. Ich schließe mich deinen Wünschen an... LG mila

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    1. und irgendwie auch komisch, dass es derzeit leichter ist, flüchtlingen zu begegnen, als behinderten menschen... sagt viel aus. komm lieber aus einem anderne land, als behindert zu sein...
      liebe grüße,
      jule*

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  3. Da hast du sowas von recht, Jule.
    Meiner Meinung nach sind Begegnungungen meist nicht gewünscht.
    Wer wirklich begegnen will, der tut das auch.
    Aber vom Rest der Gesellschaft sollen die Behinderten möglichst fern gehalten werden. So empfinde ich das zumindest.
    Und ja. Mich nervt total der hype um die Flüchtlingshilfe. Ich bin immer dafür jedem zu helfen, aber warum nicht mal denen helfen, die schon da sind !!!
    Mich regt das neue Gesetz total auf. Es werden nur neue Worte verwendet und es gibt nur eine kleine Verbesserung für die körperlich Behinderten Menschen. Ein Tröpfchen auf den heißen Stein.
    Sind wir froh, dass es wenigstens tropft...
    Die winzsocken sind herzallerliebst.
    Die Winzschuhe natürlich auch ★ Lg Angela

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