Dienstag, 2. Mai 2017

Rote Fahne im Maiwind


 Ich muss nochmal meine Fahne zeigen. Gestern habe ich wenige Worte zu ihr verloren. Das darf ja nicht sein. Nicht meine erste Fahne, die ich selbst gemacht habe. Ich habe ja schon mein Bunt statt braun Fähnchen. Aber gestern war 1. Mai, es war Zeit mal wieder auf die Straße zu gehen und am 1. Mai schwenkt man nunmal rote Fahnen. Ein Stück Stoff, Stoffmalfarbe (Abtönfarbe tut es auch), an der Seite einschlagen und für das Fahnenmästchen absteppen, Fahnenmästchen reinschieben und mit Tacker oder Nagel gegen Wegfliegen sichern. Fertig. Und dann natürlich ab auf die Straße damit!





 In Hamburg war gestern perfektes Demonstrationswetter. Ich bin keine Schönwetterdemonstrantin. Ich gehe auch bei Regen, Sturm und Minusgraden auf die Straße wenn es sein muss. Aber schönes Wetter zieht eben mehr Menschen auf die Straßen. Es gibt mehrere Gründe, weshalb ich Demonstrationen immer gerne mitnehme. Demonstrieren ist eine Möglichkeit, Meinungen zu transportieren und dabei nicht alleine zu sein. Eine Gruppe wird sichtbar. Durch Fahnen, Transparente, Sprechchöre, Lieder, Reden. Das Demonstrationsrecht ist in Deutschland im Grundgesetz verankert. Das ist ein sehr hohes gut. Man kann für und gegen etwas demonstrieren. Ich finde es immer schade, wenn Menschen sich dieses Rechts und seines Wertes nicht bewusst sind. Oft macht mich das auch sauer. Menschen in meinem Umfeld, die nicht zu Gegendemonstrationen von Naziaufmärschen o.ä. mitkommen, dürfen sich von mir dann gerne auch mal anhören: "Wer heute nicht auf die Straße geht supportet Nazis." Das gilt natürlich für viele Demonstrationen, denen man fern bleibt. Es ist eine stille Zustimmung an den Umständen.




 Das Gefühl auf Demonstrationen finde ich ebenfalls immer ganz fanstastisch. Herzerwärmend.  Vermutlich sind in so einer großen Demonstrationsmasse immer Menschen dabei, die abseits des Demonstrationsthemas Meinungen und Lebensweisen vertreten, die nicht meine sind. Aber auf einer Demo gibt es mindestens einen gemeinsamen Nenner. Egal ob Antifaschismus, gerechte Arbeitsteilung/ Löhne/ Altersvorsorge, Feminismus.... Da gehen viele Menschen gemeinsam für die eine Sache auf die Straße und es ist dieses Gemeinschaftsgefühl da. Nach einer Demo schwingt bei mir immer dieses Wohlgefühl mit, dass ich in einiger Hinsicht eben nicht alleine bin.


 Und auf Demos gibt es immer viel Handgemachtes zu bewundern. Lisa Simpson ist ja auch eines meiner großen Vorbilder. In vielerlei Hinsicht sind wir uns sehr ähnlich.



 Man muss ja nicht immer nur im Democotureversandhandel einkaufen. Auch Klassiker kann man mal selber machen. 


 Mein Fähnchen war relativ klein. Dafür konnte ich den Stiel in den Rucksack stecken, hatte die Hände frei zum Knipsen und konnte trotzdem Fläggchen zeigen.


 Mit den Profitranspimalenden in der Hafenstraße kann ich da natürlich nicht mithalten. Aber zumindest in diesem Fall mussten sie die Transparente anschließend ja auch nicht tragen.


 Ist ja irgendwie auch ein zauberhaftes Bild oder? Hafen und rote Fahnen. 


 Wer keine Lust auf Reden hatte, kann in Hamburg auf vielen Demos bekannterweise auch noch eine Runde weiterziehen. Man beachte allerdings das Begleitkommando in schwarz-blau. Auf sowas muss man dann halt stehen. Wer meint, auf Demonstrationen sei es immer so gefährlich, war noch nie auf einer. Es gibt immer Züge, die gemäßigt die Straßen entlang ziehen. Da kann man auch Kinder mitnehmen und das sollte man auch. Von dem Vorwurf der politischen Indoktrination von Kindern bei solchen Veranstaltungen, halte ich ebenfalls nichts. Wenn man Kindern mal ganz unaufgeregt erklären würde, was in der Welt so abgeht und was sie tun können, dann wären sie sicherlich schnell von sich aus dabei. Zu vieles wird im Umgang mit Kindern tabuisiert, was totaler Quatsch und auch nicht hilfreich ist. Im Zweifel gibt es für Kinder auf einer Demo viel zu staunen, zu lernen und zu erfahren. Ich freue mich immer über Kinder bei Demos. Auf der anderen Seite durfte ich auch schon sehen, wie Kinder und Teenager mit auf Nazidemos und  -veranstaltungen geschleift wurden. Da darf man es nicht versäumen die andere Seite auch zu fördern.


  Die Fahne war auf jeden Fall wieder das beste Wiederfindungszeichen, wenn mein Kleinstblock und ich uns verloren haben. Sowas ist bei Demonstrationen ja auch nicht zu unterschätzen. Ein wenig bin ich zwar von dem niemals alleine auf Demos gehen abgerückt, aber mit ein paar netten Leuten macht es natürlich viel mehr Spaß. Auf Sofas und an Kaffeetafeln sitzen kann ja jeder. Leute, die den 1. Mai als "Hurra! Füße hoch!" abfeiern, möchte ich ja am liebsten hauen. Geht mal wieder auf die Straße, geht mal wieder demonstrieren! Frische Luft und Bewegung sollen ja auch recht gesundheitsförderlich sein. Die nächste Demo kommt bestimmt. Meine Fahne darf heute noch in die Dienstagssammlung. Und das nächste Fähnchen baue ich dann mal für Pulse of Europe. Da war ich tatsächlich nämlich noch nie und sollte das mal ganz zügig ändern. Es gäbe noch so viel mehr zum Themenkomplex "Demonstration" zu erzählen. Das kommt dann ein anderes Mal.

4 Kommentare:

  1. Ja! aber....

    ... das GG spricht von Versammlungsfreiheit, Demonstrationspflicht ist dem GG fremd. Ohne passivaggressiv sein zu wollen und Vielleicht ist meine sozialisation in der DDR schuld, dass ich ersten Mai Demos und der (moralischen) Nötigung zum Fähnchenschwenken nicht so viel abgewinnen kann...

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    1. nein, ich will die menschen ja nur verpflichten zu demonstrieren. ein bisschen mehr denken und wertschätzen dieses rechts wäre aber wünschenswert. und ja sozialisation hält sicherlich einige zurück, aber dein fall ist der erste, der mir aus der perspektive zu ohren kommt. bei den meisten ist es eher bequemlichkeit und ein vermeintliches sicherheitsgefühl... unterstelle ich mal.
      liebe grüße,
      jule*

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    2. nicht (!!!) verpflichten zu demonstrieren.... ähem....

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  2. Ich gehe ja auch sehr gerne auf Demos - zumindest solche, die meine Themen betreffen. Und ich mag daran auch besonders gerne die Menschen, die sich dort mit mir zusammen auf den Weg machen. :)
    Liebe Grüße
    Antje

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