Montag, 22. Juni 2015

Der inklusive Montag: Inklusion im Schulbuch


 Der inklusive Montag findet hier alle zwei Wochen statt. Alle zwei Wochen gebe ich hier einen kleinen Einblick in die vielseitigen Chancen und Möglichkeiten, die die Inklusion mit sich bringt. Wer nochmal nachlesen möchte, was Inklusion überhaupt bedeutet, kann das hier nochmal tun. Grundsätzlich soll es um die guten Seiten gehen, um das was schon funktioniert und um das wo sich noch etwas ändern muss. Hier soll nicht gemeckert, sondern angepackt und sich gefreut werden. Anzumerken ist zum Schluss, dass ich "nur" eine Seite der Inklusion beleuchten kann, da ich "nur" Sonderpädagogin bin. Aber vielleicht finden sich ein paar Menschen, die gastbloggen möchten. In diesem Falle bitte gerne bei mir melden.
Thema heute: Inklusion im Schulbuch- oder eben nicht


 Kennt sicherlich jeder. Eine handelsübliche Seite aus einem Mathebuch, wie es z. B. an Hamburger Stadtteilschulen im Matheunterricht verwendet wird. Diese Seite mit Bildern von "weißen" Fußgängermenschen soll hier mal exemplarisch dafür stehen, was man in aktuellen Schulbüchern so findet. Auch in Zeiten und an Schulen in denen durchaus inklusiv unterrichtet wird. Traurig. Sehr traurig. 


 Dagegen schlägt man dann mal eine Seite in einem Mathebuch für die Förderschule Lernen auf. Hoppla. Da geht es aber ziemlich interkulturell zu und ein Mensch im Rollstuhl darf hier auch am Unterricht teilnehmen. Warum? Was für ein Bild vermittelt einem dieser Vergleich? Genau: An "höheren" Schulen werden nur "weiße" Menschen ohne Behinderung beschult. Auf einer Förderschule eben alle anderen. Da kommt es mir hoch. Wäh! Rollstuhlfahrer und Menschen mit vermutetem (wer weiß in der wievielten Generation) Migrationshintergrund findet man nur an der Förderschule. Und dieses Bild wird dann auch gerne der Generation vermittelt, die sich in einer inklusiven Kultur besser zurechtfinden soll, als die vorrangegangenen Generationen.


 Eine Ausnahme gibt es allerdings. Es gibt einen Schulbuchverlag, dessen Englischbücher bereits seit Jahren sehr interkulturell angelegt sind. Übrigens auch einer der ersten Schulbuchverlage, die eine differenzierende Arbeitsheftausgabe zum bisherigen regulären Schulbuch herausgebracht hat. Leider findet man nur in der diffenzierten Ausgabe diese Rollstuhfahrerin, im allgemeinen Englischbuch taucht dieser Charakter nicht auf. Als ob Rollstuhlfahrende Menschen nicht in der Lage wären einen höheren Schulabschluss zu machen... Von daher ist auch hier nicht alles Gold was glänzt.


 Wie bringe ich meinen Lernenden also bei, dass z.B. im Rollstuhl sitzen normal sein kann und das "behindert" kein Schimpfwort ist? Vergangene Woche bekam ich da ganz prominente Hilfe. Ein bekannter Youtuber verwendete das Wort "behindert" in einem Twitterbeitrag als Schimpfwort. Mit Recht erntete er dafür einen fetten Shitstorm. Mit meinen Lernenden hatte ich das Thema vorher schon ein paar Mal besprochen, so dass Schimpfworte dieser Gattung (zumindest in meiner Gegenwart) geächtet sind. Den Fehltritt des bei meinen Lernenden beliebten Youtubers verwendete ich im Unterricht, um bei meinen Lernenden die Gedanken mal wieder ein bisschen zu füttern und anzuschubsen. Schade, dass ich das immer so machen muss und Menschen mit Spezialisierung nicht grundsätzlich öfter mal im Unterricht nebenbei einfach so in einem Schulbuch auftauchen. Es könnte dem Normalisierungsprozess, der so dringend für gelingende Inklusion notwendig ist, einen ordentlichen Anschub verleihen. Also bitte, liebe Buchverlage, es gibt viel zu verbessern für euch!

1 Kommentar:

  1. Ist mir auch schon bei Bilderbüchern und besonders bei den sog. "Wimmelbüchern" aufgefallen: Es werden Szenen einer lebhaften Stadt gezeigt und findest nur uniforme Fußgänger mir heller Haut. (Sogar Brillenträger sind unterdurchschnittlich wenig vertreten.) Von den Hauptpersonen der Bilderbücher mal ganz zu schweigen.
    Da müssen die Macher von (KInder-)Büchern auf jeden Fall mal den Bezug zur Realität wiederfinden - und auch darstellen!
    Liebe Grüße
    Antje

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