Dienstag, 9. Oktober 2018

Von Glitzer und Mackern.


Ich habe ein neues Röckchen. Mal wieder. Ein schwarz-goldenes Glitzerröckchen. Natürlich ging es mir bei der Wahl des Stoffes nicht nur um die Farben und den Glitzer. Der Druck natürlich der Knaller und fair produziert ist er auch noch. Da war einfach alles großartig und super! (Mit Ausnahme des irren Stresses den ich mit dem Laden hatte, wo ich ihn bestellt hatte...)


 Passenderweise hatte ich dazu auch noch das perfekte Shirt im Schrank. Ergaunert auf dem Queer Zine Fest im Frühjahr. Es stammt von Glitzaglitza in Berlin. Gekauft in XXL und ein wenig umgeschneidert, damit es mir passt. Ich hab´s bezahlt, darum ist das keine Werbung. Und wie nötig ich dieses Shirt in diesem Jahr habe, glaubt man gar nicht. Und eigentlich nicht nur ich, sondern alle Menschen. Die Macker mit eingeschlossen. Ich bleibe heute mal vollkommen auf der Cis-Genderschiene und werde hier nichts genderneutral beschreiben, sondern mich mal ein wenig mit Geschlechtsstereotypen auseinandersetzen. Macker sind so Kerle, die meinen, sie hätten, die Weisheit für sich gebucht, Frauen sollten mal schön die Klappe halten, kochen, gebären und vor allem immer fickbereit sein. Typen, die meinen, Frauen seien nur zu ihrem Vergnügen auf der Welt. Als Macker könnte man auch Menschen des sichtbaren männlichen Geschlechts mit dicken Eiern, aber keinem Arsch in der Hose definieren.


 Jaja, so viele böse Wörter mal wieder von der Frau Jule. Aber so böse bin ich eigentlich gar nicht. Wirklich. Ich habe einige Macker in meinem Leben getroffen. Da ich schon immer eher die Kumpeltypin war, kann ich einen ganzen Stapel Männer in meinem Leben vorweisen, mit denen ich auf freundschaftlich platonischer Ebene verbunden bin. Da gibt es auch so einige Macker. Irgendwann haben sie sich mir alle geöffnet. Denn das kann ich. Vermutlich liegt es daran, dass auch ich eine ganze Menge mackerige Eigenschaften besitze, die ich im Leben gebraucht habe und sie noch brauche, um vorwärts zu kommen und zu überleben. Härte, Durchhaltewillen, Kampfeslust, ständig die eigenen Grenzen überschreiten. Ich möchte nicht sagen, ich könnte die Macker knacken, aber hin und wieder brauchen die eben auch mal eine Schulter und die kann ja nicht die des männlichen Kumpels sein, weil dann würde man ja an Ansehen verlieren. Erschreckenderweise erlebe ich das auch bei Kerlen, die ich ziemlich emanzipiert von dem ganzen Scheiß finde. So oft ist das Ganze ja auch nicht selbst gewählt, sondern ansozialisierte gesellschaftliche Erwartung. Da muss eben das "starke Geschlecht" stark sein, saufen, pöbeln, "seinen Mann stehen".


 Doch irgendwie wollen sie doch alle nur in den Arm genommen werden. Liebevoll. Aber das muss man(n) sich eben erstmal trauen. Das funktioniert dann vielleicht in einer Beziehung, aber da hängt dann ja auch gleich ein Rattenschwanz an Erwartungen mit dran, so dass es dort eben auch nicht so einfach ist. Ich kenne meine mackerigen Eigenschaften, ich weiß, wozu ich sie brauche und dass sie oftmals wichtige Funktionen für mich in meinem Leben übernehmen. Aber ich weiß eben auch, wann es Zeit ist, diese mal beiseite zu schieben. Leider wissen das viele männliche Macker nicht. Da kann es dann auch mal gefährlich werden. Aggression ist nämlich auch so eine beknackte Eigenschaft der Macker und die kann viele Facetten haben und für alle schmerzhaft werden. Ihre blöden Sprüche und Aktionen haben mir schon so manch einen schönen Tag im Leben versaut. Gekränkte Macker können verdammt gefahrlich werden. In solchen Fällen würde auch ich gerne mal voll mackerig einfach ein paar auf´s Maul verteilen.


 Doch die Menschen sind nicht das Problem. Das Problem ist, dass es für Frauen zwar den Feminismus gibt, der immer lauter wird, für Männer aber eben kein Äquivalent. Es gibt starke Frauenbilder, die sowohl weiche als auch kämpferische Seiten haben dürfen. Aber wo bleiben die Männer? Wir reden mit Mädchen darüber, wie gefährlich es Nachts alleine auf der Straße sein kann, aber bringen wir den Jungen auch etwas über Konsens bei oder dass über Gefühle reden und weinen dürfen nicht gleich Schwäche ist? Das es wichtig ist, Kontakt zu seinen Gefühlen zu haben und diese auch benennen zu können? Das einzige (!!!) Buch, was mir dazu in den letzten Jahren über den Weg gelaufen ist, war eben Jack Urwins "Boys Don´t Cry". Macker sein ist nämlich auch verdammt anstrenged. Ständig diese Fassade halten. Das macht müde, ausgebrannt und depressiv. Da wird es dann für sie selbst gefährlich.



  Ich habe auch schon Macker getroffen, die mich überrascht haben. Macker können helfen und schützen. Mit Mackern reden kann helfen. Aber mensch muss dafür sehr viel Geduld und Fingerspitzengefühl haben. Ich möchte ihnen nicht den Rücken kehren. Ich mag ihnen begegnen. Das ist oft anstrengend. Aber viele der Macker, die mir bisher über den Weg gelaufen sind, haben mir auch viel beigebracht. Über mich, über den Spaß und manchmal über die Leichtigkeit des Lebens. Denn es gibt Zeiten, dann darf und muss man die Gefühle auch mal ausblenden, ein Bier trinken, bei lauten Konzerten oder im Stadion pöbeln und gröhlen. Denn auch das kann hilfreich sein. Das Leben wäre sicherlich besser ohne Macker. Für alle. Wir werden sie nicht von heute auf morgen von der Straße gefegt bekommen. Vielleicht können wir ihnen begnen, mit liebevollem, mitfühlendem Blick (sicherheitshalber aber auch dem Stoppschild in der Hand). Ein bisschen feministischen Glitzer in ihr Leben streuen und ein bisschen Aggressionsabbau von ihnen lernen. Viele von ihnen sind auch neugierig und freuen sich über neue Blickwinkel, die sie vorher nicht auf dem Schirm hatten. Es gibt eben solche und solche. Heute dürfen Röckchen und Shirt dazu noch in die Dienstagssammlung. Mehr dazu wird es noch im Laufe der Woche geben.

5 Kommentare:

  1. So ein Statement -Teil könnte mir auch gefallen!( Jetzt nicht als kurzer Rock ).- ja, die Machos, Megalomanen, Chauvis, Misogynen hauen ordentlich auf die Pauke, um uns unsere Hälfte des Himmels zu verweigern und uns auf unserem mickrigen Drittel zu halten! - Ich bin ja da nicht so karitativ und biete meine Schulter zum Ausweinen, geht nicht. Habe aber auch das gemischtgeschlechtliche Schulumfeld verlassen, nachdem ich mir dort einen freundlichen Mann "geangelt" und meinen Macker zu Hause hab sitzen lassen. Hat mir besser gefallen ohne diese Konkurrenz und die Auseinandersetzungen. Beruf reicht ja auch so schön, was die Anstrengung anbelangt. Was habe ich jetzt für ein friedliches Zusammenleben. Wenn, ja wenn draußen nicht wieder alle so schrill sich melden würden...
    Eine schöne Ferienwoche!
    Astrid

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    1. deine geschichte hört sich nach sehr viel stärke und schönheit an. und ja, der eindruck könnte entstehen, dass die schrillen töne draußen darum entstehen, weil die macker sich bedroht fühlen. das ist eben die gefahr. aber ich werde mich nicht einschüchtern lassen.
      liebe grüße,
      jule*

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    2. Nur nicht! Jetzt haben wir mal angefangen und lassen uns nicht wieder unterkriegen, auch wenn es Rückschläge gibt wie in den USA oder die Sache in Wien.-
      GLG

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  2. Ganz viel Liebe für diesen Post.
    Boys Don't Cry liegt jetzt übrigens endlich auch mal zum Lesen bei mir, nachdem du es schon so lange und ausführlich angepriesen hast.

    Liebste Grüße
    Sabrina

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    1. ja! lesen! das liest sich ja auch erstmal recht leicht. also so vom stil her. nachdenklich macht es allerdings sehr und da wird es dann... nunja.
      liebe grüße,
      jule*

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