Dienstag, 16. Oktober 2018

Taschen zum Kämpfen


 Neben Röcken nähe ich ja auch sehr gerne Taschen. Ein paar neue taten mal wieder Not. So sind vor kurzem diese beiden Schätzchen nach meinem liebsten selbstgebauten Schnitt entstanden. Stöffchen aus dem Fundus, Patches mussten mit drauf.


 Beide haben innen eine Reizverschlusstasche, damit der Geldbeutel und anderer Kram vor ungewollten Zugriffen geschützt ist. Ich mag ja solche kleine Nähprojekte. Meistens entstehen solche Taschen spontan, weil ich vermeintlich keine passende Tasche zu meinem Outfit habe. First World Problems....


 Groß genug, damit alles wichtige für unterwegs reinpasst. Bücher, Kamera, Schreibzeug, Trinken, zusätzliche Klamotten, der Einkauf oder wenigstens der Beutel dafür undundund. Was mensch halt so für den Alltagskampf braucht.


 Verschlossen werden sie mit Schleifen über einer breiten Lasche. Doch heute wollte ich eigentlich noch etwas zu diesem meinem derzeitigem Lieblingspatch erzählen. Den habe ich nicht selbst gemacht, sondern tatsächlich von einem mir sehr lieb gewonnenen Kollektiv gekauft. "Dort kämpfen wo das Leben ist". Das ist so wichtig und wird trotzdem so oft vergessen. Zwar bewege ich mich oft in subkulturellen Kreisen, aber so richtig fest gehöre ich eigentlich nirgendwo dazu. Ich bin Lehrperson, verkehre auch privat in unterschiedlichsten soziokulturellen Kreisen. Natürlich ist es total toll, wenn man sich immer nur da bewegt, wo ein Grundkonsens über bestimmte Dinge besteht, aber so bringt man die Revolution ja auch nicht vorwärts. Zudem verliert man so viel zu schnell den Bezug zu den Dingen, die Wirklichkeit sind. Ich kenne so Menschen, die es sich in ihren Blasen gemütlich gemacht haben. Egal in welchen. Akademikerkreise, Zeckenkreise, Handwerkendenkreise, Scheibchenvillen, Einfamilienhäuser, Sozialwohnungen, Familien oder auch die, die vermeintlich sozial abgehängt sind. Aufgrund privater und beruflicher Zusammenhänge, wandele ich immer zwischen ihnen und ich kann allen diesen Bereichen der Gesellschaft etwas abgewinnen. Ich kann von allen lernen, ich kann in allen aktiv und hilfreich sein, ich kann in allen "performen", ohne dass es aufgesetzt wirkt oder anstrengend für mich wird. Naja fast. Anstrengend finde ich immer Akademikerkreise, in denen Bildung als das höchste Gut dargestellt wird und alle, die nicht darüber verfügen, das Mitsprache- und Handlungsrecht abgesprochen wird. Spannenderweise habe ich diese Form des Klassismus andersrum eher selten erlebt, bzw. auf einer anderen Ebene, der ich einfacher entgegen treten kann.


 Und diese Form von feindlich gesinntem Gegenübertreten finde ich immer so schade. Wir können so viel voneinander lernen, wenn wir dem anderen Menschen offen und neugierig gegenüber treten. Sie nicht aufgrund von Bildungsabschlüssen oder Hirninhalten vorverurteilen. Wir können klären, aufklären, uns gegenseitig vorranbringen, ohne dem anderen etwas überstülpen zu wollen. Es hilft z.B. nicht, in versifften autonomen Zentren das Partriarchat zu verteufeln, diesen Schutzraum aber nicht zu verlassen und diese Ideen nicht in die Welt hinauszutragen. In der eigenen Suppe rühren, bringt nichts vorran. Man muss rausgehen, mit anderen reden, auch wenn es manchmal schwierig und schmerzhaft ist. Man muss dazu nicht einmal offen in Konflikt gehen und eben kämpfen. Man kann die Werte, die einem wichtig sind, leben. Antifaschismus, Feminismus, Antikapitalismus, Veganismus, alternative Beziehungsmodelle, offene Kommunikation, Interesse an den Problemen und Inhalten der anderen. Man kann sie selbstbewusst kommunizieren, ohne das Bestehende zu verurteilen. Man kann zum kritischen Denken anregen und muss nicht sagen "Meine Weißheit ist mehr wert als deine". Man kann sie miteinander besprechen, verändern und leben, die guten Dinge, die leichten Dinge, die wichtigen Dinge. Das funktioniert aber nicht in der eigenen Blase. Leider vergessen das viele zu schnell. Das alles kann auch anstrengend sein. Da kann man sich auch auf die Fresse packen und nicht wissen, wie es weitergehen soll. Doch es kann auch spannend werden. Aufklären auf Augenhöhe, sich gemeinsam weiter entwickeln. Gemeinsame Wege finden. 


 Und mit einem Augenzwinkern mag ich hinzufügen, dass ich meine selbstgemachten Dinge mit den entsprechenden Inhalten immer mit einem verschmitzten Grinsen in der Dienstagssammlung verlinke. Es ist meine kleine Infiltrierung der DIY- Wohlfühl- Nahszene, wo es dann um Stoffe, Schnitte und Techniken geht, werfe ich Inhalte um mich. Ich liebe das. Dort kämpfen, wo das Leben ist eben.

1 Kommentar:

  1. Frau Jule Undercover in der Herbstdekoszenerie 😄
    Alltag, ich komme!
    Astrid

    AntwortenLöschen