Donnerstag, 18. Juni 2015

Musikdonnerstag: Konzertfotografiegedanken


 Ich habe wirklich vergessen dieses Bild bei meinen Impressionen vom Immergut Festival zu zeigen. Ich fand es so wundervoll und es tat mir ein bisschen leid, dass ich das vergessen hatte. Als mir mein faux pas auffiel, hatte ich eine ganz andere Idee, zu was für einem Blogeintrag ich dieses Bild verwursten könnte. Darum werde ich heute mal ein bisschen über Konzertfotografie erzählen. Bei nicht nur diesem Bild vom Immergut ist mir nämlich etwas aufgefallen: Schaut man sich beispielsweise die Menschen an, die beim Immergut im Fotograben stehen, dann sieht man Menschen, die (vermutlich) wahrhaftig etwas mit dieser Musik verbindet. Die diese Musik mögen, sie gerne aus freien Stücken unterstützen und die sich vielleicht auch Gedanken machen wie man auf einem Festvial auftritt. Mit Blumen im Haar eben.


 Dieses Bild hier entstand auf dem Immergut Festival 2014 beim unfassbar großartigen Auftritt von FM BELFAST. Die 3- Songregel, die sagt, dass nur während der ersten drei Songs fotografiert werden darf, war bei diesem Konzert aufgehoben. Das führte in diesem Falle dazu, dass ungefähr alle fotografierenden Menschen, die Chance nutzten, das komplette Konzert aus der nullten Reihe mitzufeiern. Und ja, das haben sie wirklich getan. Ich habe viele glückseelige Gesichter hinter den Kameras gesehen, Menschen, die bereitwillig Luftballons aufhoben und zurück in die Menge stupsten und aus dem Fotograben auch die ein oder andere Hand Konfetti übers Volk hinterm Grenzzaun schmiss.


 Dass ich überhaupt in die Konzertfotografie eingestiegen bin, war irgendwie ein logischer Schritt für mich. Nachdem ich jahrelang nur über Konzerte geschrieben hatte, war ich recht dankbar, die Impressionen nicht mehr nur mit Worten einfangen zu müssen. Auch vor 15 Jahren habe ich schon auf Konzerten von befreundeten Bands fotografiert. Meine Fotografiekrise kam, als die Digitalfotografie dafür sorgte, dass jeder Bilder von allem möglichen machte. Ich habe lange gebraucht um mich mit diesem neuen Medium anzufreunden. Fotografie hieß für mich auch immer den Film abgeben und dann gespannt darauf zu warten, was denn dabei rausgekommen ist. Diese Wartetage habe ich immer sehr gemocht. Meine ersten Bilder mit der digitalen Spiegelreflex waren nicht so der Kracher, aber man muss eben üben. Oben sieht man ein Bild meines ersten gelungen fotografierten Konzerts von DREDG.


 Es gibt aber zum Glück Menschen, mit denen ich mich austauschen kann. So zum Beispiel mit Mitch und Mike. Ich finde ihre Bilder immer wieder ganz wunderbar und ihre Tipps waren und sind Gold wert. Ich habe sie für diesen Blogeintrag noch ein paar Dinge gefragt. Eigentlich wollte ich nur kurze Antworten, was am Ende dabei rausgekommen ist, hat mich aber so umgehauen, dass ich da eigentlich jeweils eigene Einträge zu machen muss. Aus Zeitnotgründen, muss ich das aber leider noch ein bisschen vertagen.
 Natürlich fange ich an meine Bilder mit ihren zu vergleichen (und mit Bildern von vielen anderen). Früher hat mich das oft runtergezogen, da unsere Bilder alle so ganz anders aussehen. Meine fand ich im direkten Vergleich lange Zeit immer etwas matschig. Aber mittlerweile denke ich: Scheiß drauf, das ist eben mein Stil. Nicht nur der Matsch. Ich habe ein total bescheuertes Faible dafür entwickelt Dinge zu fotografieren, die in Bühnenbodennähe stattfinden. Diese wunderbaren Löchersocken vom Keyboarder von FM BELFAST haben vermutlich die wenigsten Menschen im Publikum gesehen. Da wird das mit der Fotografie aus der nullten Reihe doch spannend: Dinge von einem Konzert zu zeigen, die vielleicht nicht alle direkt sehen. Im Falle der löchrigen Socken könnte das z.B. sein, dass es wichtigeres als heile Socken gibt. Nämlich Musik, Tanz, Gesang und eine gute Party. Und das konnten FM BELFAST. Und irgendwie bin ich noch nicht richtig bereit, die Unsummen auszugeben, die die beiden Herren mittlerweile in ihr Equipment gesteckt haben.


 Eines meiner Lieblingsbilder diesen Jahres, ist diese Aufnahme vom Geiger von YELLOWCARD. In meiner ausufernden Selbstkritik finde ich es total doof, dass es mir nicht gelungen ist, dass es einen eindeutig scharfen Punkt auf diesem Bild gibt. Die Dynamik des Bogens mag ich allerdings sehr. Vermutlich hätte ein lichtstärkeres Objektiv geholfen. Leider war dieses Konzert auch eines der unangehmen, bei dem ich fast mit einem "Profi" echt aneinandergeraten wäre. Dieses Gefühl, wie man es im Fotograben vom Immergut bekommt, ist nämlich nicht normal. Das zeigen mir öfter Situationen auf Konzerten in Hamburg. Vor allem auf den größeren Konzerten. Natürlich turnen da auch eine Menge Menschen rum, die die Fotografie nicht fürs Geld machen, sondern aus Spaß an der Sache. Die Rücksicht nehmen, beim Perspektivwechsel unter den Objektiven der anderen durchtauchen, um das Bild nicht zu ruinieren, die sich gegenseitig durchlassen. Menschen, die auch die Vorband vor die Linse bekommen wollen und darum schon früh da sind und auch das ganze Konzert zu Ende verfolgen, auch wenn die ersten drei Songs gespielt sind. Aber es gibt eben auch die anderen. Die "Profis". In Hamburg leider eher unangenehme Gestalten. Sie kommen kurz vorm Auftritt des Hauptacts, versperren mit ihren dicken Equimenttaschen erstmal den Eingang zum Fotograben, so dass alle drübersteigen müssen und lassen am besten noch einen doofen Spruch in Richtung der engagierten Menge los "Habt ihr alle keine Hobbys/kein Zuhause, oder warum seid ihr alle schon da?". Später laufen sie einem gerne voll vor die Linse oder stehen so breit vor der Bühne, dass niemand mehr die Perspektive wechseln kann, ohne zum Moshpart anzusetzen. Manchmal nervt das, öfter denke ich, dass es doch ganz gut ist, dass ich das hier machen darf und nicht muss und dann kann ist mein Ärger schnell verflogen.


 Darum genieße ich diese feinen Konzertfotografiemomente bei den kleineren Veranstaltungen immer sehr. Beim Immergut, wie auch zum Beispiel in einem meiner Lieblingsclubs in Hamburg. Im Moltow gibt es keinen Fotograben. Man muss aus der Menge herausfotografieren. Da es dort oft sehr voll ist, fällt das mit dem Perspektivwechsel auch meistens flach. Wie hier bei ADAM ANGST ist die Menge dann nämlich in Bewegung und sich da mit einer Kamera reinzuwerfen traue ich mich nicht. Zumal ich auch ohne Kamera in der Hand immer die Erste bin, die in der pogenden Masse auf dem Boden liegt. Hier kommen aber auch keine "Profis" hin. Mitch meinte übrigens, dass man bei solchen Konzerten das mit dem Fotografieren am Besten lernt. Recht hat er. Bis ich brauchbare Bilder bei der schummrigen Beleuchtung hinbekommen habe, hat es ein paar Konzerte gedauert. Ein bisschen setzen mich allerdings sowohl Fotografie als auch Schreiberei unter Druck, denn Menschen haben mich mit Fotoerlaubis auf die Gästeliste gesetzt, damit ich hinterher was (Gutes) abliefere. Aber das ist ja auch nicht das Schlechteste. 


 So schwanke ich zwischen Anspruch und meinem Stil. Mitch und Mike haben das bessere Equipment und ich hadere noch mit mir, mehr Geld in dieses "Hobby" zu stecken. Denn wenn ich diesen Profis bei den großen Konzerten gerne was sagen möchte, dann eben, dass das hier mein Hobby ist. Dass ich dafür keinen Gehaltsscheck bekomme. Mitch und Mike übrigens auch nicht. Die haben allerdings schon mehr Ahnung als ich, es gibt noch viel zu lernen. Aber manchmal bilde ich mir ein, dass man einen Unterschied sehen kann zwischen den Bildern, die nach einem Konzert in der örtlichen Tageszeitung zu sehen sind und denen bei Musikmenschen auf selbstgebastelten Homepages. Vielleicht kann man den Unterschied zwischen Herzensangelegenheit und Brotjob wirklich sehen. Das Herz sehen. Und vielleicht kann man das übrigens auch von Amateurblog zu Profiblog oder Zeitschrift erkennen. Darum werde ich mich gerne neben meinem Brotjob morgens nach dem Konzert aus dem Bett kratzen, auf Festivals nasse Füße riskieren und mir die Nächte um die Ohren schlagen. Für die Herzenssache, für die Musik, für Bildbilder und Wortbilder. Weil Musik immer da sein sollte und immer da ist. Weil ich diese schönen Momente gerne teilen und für andere festhalten möchte. Und wegen der netten Menschen, die man dort so treffen kann und mit denen einen mindestens ein paar Pixel und ganz viele gute Töne verbinden. Bis dahin probiere ich einfach weiter. Neulich wurde mir nämlich was geflüstert, aber dafür brauche ich mehr Zeit. Und an dieser Stelle einen fetten Dank an Mitch, Mike und natürlich allschools.de für die immer freundliche Unterstützung!

4 Kommentare:

  1. Das hast du alles aber sehr schön gesagt!
    Mit der Schreiberei sind wir ja Schwestern im Geiste - und ich möchte gern bei dem Magazin, für das ich schreibe, auch öfter über Konzerte berichten, bzw. auch ein paar Fotos dazu abliefern. Aber diese Angst, es aus Unwissenheit falsch zu machen, hält mich immer extrem ab. :(
    Daher: Danke! Und ich freue mich schon enorm auf die hilfreichen Tipps! :D

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    1. einfach machen. im zweifelsfall legst du dich halt auf die nase, aber man kann ja wieder aufstehen ;)
      liebe grüße,
      jule*

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  2. Hallo Frau Jule, hier ist eine One Lovely Blog Award-Nominierung für dich :-)

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