Dienstag, 31. Juli 2018

Seenotrettung ist kein Verbrechen


 Verganenen Sonntag war Tag der Seenotrettung. Orange ist die Farbe der Seenotrettung. Orange ist eine traurige Farbe. Orange ist jetzt auch eine politische Farbe. Das hat nichts mit der Partei der Piraten zu tun. Orange ist die Farbe der Rettungswesten, die so viele Schutzsuchende gerade wieder tragen müssen. Auf ihrem gefährlichen Weg über das Mittelmeer ins vermeintlich freundliche, hoffnungsvolle Europa. Viele sterben dabei. Ertrunken, weil die Boote zu voll sind, zu wenig Sprit im Tank haben oder einfach alt und kaputt sind. Menschen! Ertrinken! Vor! Den! Grenzen!!! Europas!!! 


 Die Fluchtgründe und -ursachen sind von Europa hausgemacht. Kolonialismus, Ausbeutung der Ressourcen, fehlgeleitete Entwicklungshilfe, Kriegsmanipulation, Waffenexporte.... Doch Europa macht die Grenzen dicht und wägt sich in Unschuld. Es wird in Länder abgeschoben, für die für Menschen mit deutschem Pass eindeutige Aufenthaltswarnungen existieren. Beispielsweise Afghanistan: Horst(!!!) freut sich, dass zu seinem 69 Geburtstag 69 Schutzsuchende dorthin abgeschoben wurden. Die deutsche Botschaft dort "bleibt für den Besucherverkehr bis auf weiteres geschlossen" (Zitat hier). Das will mal was heißen. Einer der Abgeschobenen lebte lange in Hamburg und hat sich in Afghanistan das Leben genommen. Und das nennt sich CHRIST SOZIAL!!!!! Schäm dich, Horst! Schäm dich Europa!


 Und was ist mit den Menschen auf dem Mittelmeer? Niemand von denen kann wie Jesus übers Wasser gehen. Da geraten Menschen in Seenot und niemand kann und darf ihnen helfen. Bei den Geschichten, die bei den Kundgebungen und Demonstrationen für die Seenotrettung (u.a. Sea-Watch) erzählt werden, sind mehr als gruselig. Da hängen die Rettungsschiffe von Sea-Watch in den Häfen fest, da werden Kapitäne vor Gericht gestellt, weil sie Menschen geholfen haben. Menschen dürfen von Containerschiffen nicht an Land gebracht werden. Selbst die Reedereien laufen mittlerweile Sturm gegen diese fehlgeleitete Grenzpolitik (vermutlich auch aus wirtschaftlichen Gründen, aber was solls). Da haben wir vor einigen Monaten noch um den Zusammenhalt von Eurpoa gebangt und mittlerweile kehrt es seine zweifelhafte Seite ganz großartig hervor....


 Und irgendwie wollte ich den Bogen jetzt noch zur emotionalen Dimension von politischem Engagement drehen. Ich mache das mal ganz subjektiv: Ich könne heulen und schreien vor Wut. Die erste Demo für Sea-Watch vor einigen Wochen, hat mich ernsthaft mitgenommen. Es ist doch was anderes, wenn dir Menschen ihre Geschichte erzählen, die wirklich es übers Meer bis nach Hamburg geschafft haben. Da stand ich da als deppertes Wohlstandskind, dass sich gerne mal auf die Fähren nach Skandinavien wirft und sich auf den Urlaub freut. Ich war über diese Emotionen erst echt erstaunt und habe nachgedacht. Es ist etwas anderes, sich Faschos in den Weg zu stellen, gegen ihre Kundgebungen und Hasshetze anzuschreien. Aber da mit mehreren tausend Menschen zu stehen, eine Schweigeminute für die Hunderte von ertrunkenen Menschen zu halten... Uff. Traurig, verdammt hilflos, den Sinn des dort Flagge zeigen und Klatschen anzweifeln, fast verschämt ein paar Euro in die Sammelbüchse werfen. Vor allem diese Hilflosigkeit ist die bekackteste Emotion überhaupt. Man könnte meinen, ich hätte mittlerweile genug Lebenserfahrung gesammelt, um mich davon abzugrenzen, aber NEIN! Abgrenzen, was für ein Stichwort in diesem Zusammenhang. Man könnte dann auch sagen: "Was bringt es, wenn eine sich dagegenstellt?", aber das denken zu viele. Und wenn das nicht so viele denken würden, dann wäre das was anderes. Vielleicht sind diese Emotionen auch hilfreich.

  Erinnert ihr euch noch an dieses Bild von Little John im Rettungsring? Das ist schon fast zwei Jahre alt. Aus einem lustigen Spiel wurde damals bitterer Ernst. Ich konnte und wollte es den Kindern damals nicht erklären, warum mich dieses Bild hat stocken lassen. Aber was werde ich ihnen in ein paar Jahren erzählen, wenn sie mich fragen, was ich dagegen getan habe. Oder eben FÜR diese Menschen....? Irgendwann werden wir mit den Kindern darüber reden müssen und spätestens dann wird die Verantwortung, die jeder Mensch trägt wohl deutlich.


 Das Fähnchen ist einfach: Der orangeste Stoff, den ich im Fundus hatte, Herzchen fand ich zusätzlich hilfreich, Stoffmalstifte, Nadel und Faden. Kann auch auf eine Stange gezogen werden. Dieses Fähnchen ist aber auch nur schäbbiger Kackscheiß im Gegensatz zu dem, was die Menschen im und um das Mittelmeer gerade so leisten. Sowohl die Schutzsuchenden, als auch die Rettungswilligen. Aber irgendwasirgendwas MUSS! Seenotrettung ist kein Verbrechen und wenn ich hierzulande auf die Straße gehe und diesen Regierenden sage, was ich von ihrem Handeln halte, dann ist das wenigstens mehr als gar nichts. Die offensichtliche und gefühlte Hilflosigkeit darf keine Entschuldigung dafür werden, nichts zu tun. Niemals! Sie darf nicht in Resignation enden. Ja, es kostet Energie, es raubt Lebensmut. Aber wenn wir nicht die Hoffnung der Hoffnungslosen sind, wer ist es dann? Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämoft hat schon verloren. Ich nehme mir jeden Morgen beim Blick in den Spiegel vor: "Heute wieder so wenig Arschloch wie möglich sein, auch wenn es anstrengend wird. Denn morgen möchte ich mir wenigstens ohne schlechtes Gewissen in den Spiegel schauen."

 Informationen zu Aktionen und Kundgebungen zum Thema findet ihr bei seebrücke.org

 Wegen des Fähnchens darf das heute noch in die Dienstagssammlung.

Sonntag, 29. Juli 2018

7 Sachen # 17.18

 Immer wieder Meistens Sonntags... 7 Bilder von Sachen, für die ich an diesem Tag meine Hände gebraucht habe. Ob für 5 Minuten oder 5 Stunden ist unwichtig. Nach einer Idee von Frau Liebe
 Heute mal in der Handyedition. Neben der Espressomaschine ist nämlich auch mein altes Smartphone am Ende gewesen. Mal sehen, was die Kamera vom neuen so kann...


1. Geräumt: Die Taschen aus. Unter anderem das hier. Die Ohrenstöpsel von nach dem Heart van Cleef Festival erspare ich euch mal. War viel los gestern in der Stadt. Ich war alleine unterwegs, abends aber herrlich glücklich und kaputt.


2. Gegrüßt: Meine ersten Feriengäste. Das hier ist eine von sechs. Ich halte ja nicht viel von Tierhaltung, aber wenn in den Ferien Betreuungsnot ist, dann bittesehr. Warum gehen wandelnde Blätter nicht in die Kirche? Weil die Insekten sind. MUHA!


3. Gespült: Meinen Straßenrandfund von letzter Nacht. Erwähnte ich, dass gestern ein guter Tag war?


4. Gefrühstückt: Mir war nach leicht und herz(!!!)haft.


5. Geschmiert: Stoffmalstift auf Schneideunterlage. Eher so unabsichtlich. Ließ sich auch nicht mehr abwischen...


6. Gekühlt: Die Zunge.


7. Gestanden: In der Sonne in orange. Tag der Seenotrettung, Zeit, um auf der Straße für die Freigabe der Seawatchschiffe und Co. zu demonstrieren... Mehr dazu in der kommenden Woche (wenn ich es schaffe).

 Habt einen guten Start in die neue Woche! Bleibt cool, freundlich, wertschätzend und ehrlich, auch wenn es anstrengend ist.

Samstag, 28. Juli 2018

Samstagskaffee und Netzfunde # 15. 18


 Samstagskaffee! Eine riesige Portion. Serviert auf einem der Tabletts, welche mir der weltbeste Holzwurm schenkte. Ich bin ganz schlimm begeistert davon. Bei all dem Nichtglück der letzten Monate ist übrigens auch gleich meine gute alte Siebträgermaschine in die Binsen gegangen. Ich habe versucht sie zu reparieren, habe es aber nur noch schlimmer gemacht. So im Notfall, bin ich dann auf die Espressokanne für zum auf den Herd stellen umgestiegen. Die produziert immer gleich eine große Menge Kaffee. Irgendwie bin ich drauf hängen geblieben, auch wenn mittlerweile eine neue Siebträgermaschine in der Küche steht. Nur so richtig warm (!!!) geworden sind wir miteinander noch nicht... Nungut. Gestern hatte ich den ersten ruhigen Abend in dieser Woche. Das Aufregendste war die Mondfinsternis. Voll gut. Ich habe lange geschlafen und werde mal sehen, was der Tag so bringt. Ich könnte Fußball gucken oder Livemusik hören gehen oder beides oder was auch immer. Eis essen muss ich auf jeden Fall und mich treiben lassen.


 Viel trinken ist derzeit ja auch wichtig. Alle Getränkebehältnisse unter einem halben Liter haben bei mir keinen Sinn. Dafür trinke ich zu gut. Während ich also saufe, präsentiere ich ein paar Netzfunde. Eher milde Dinge:

Ein Mann begleicht die Rechnung einer Gruppe behinderter Menschen und ihrer Betreuenden. In mir brach darüber irgendwie eine Diskussion aus. Natürlich ist das total freundlich wenn jemand die Rechnung von fremden Menschen übernimmt, aber wegen der "Aufopferung"? Irgendwie ist das ja wieder so ein Ding von positiver Diskriminierung. Es nimmt dem ganzen die Möglichkeit der Normalisierung von behinderten Menschen in der Öffentlichkeit. So lange behinderte Menschen in der Wahrnehmung als etwas gesehen werden, was belastet, worum man sich aufopferungsvoll kümmern muss, legt man doch der Inklusion nur noch mehr Steine in den Weg. Da nen bisschen Geld reinzuwerfen ist sicherlich ehrenwert, aber cooler wäre doch gewesen, sich solidarisch dazuzusetzen oder so, wenn man die Blicke der anderen Gäste blöde findet... Ich weiß nicht...

 Über Liebe mit Behinderung hat die hochverehrte Anastasia einen Artikel geschrieben. "Die Blicke der anderen Menschen schwanken zwischen Bewunderung, Verwunderung, Staunen und viel Neugierde." (Zitat ebd.) Und auch hier ploppt dann öfter mal der Gedanke an positive Diskriminierung auf. 

 Eine Schwedin verhindert mit "einem einfachen Mittel" eine Abschiebung. So macht man das. Ich liebe zivilen Ungehorsam. Dass Elin davon ein Video gedreht hat, finde ich auch gut. Es geht ja doch hoch her und ihre Emotionen zeigen, wie anstrengend so etwas ist, aber das es sich eben doch auch lohnt. Sichtbarmachung von Solidarität. Ein einfaches Mittel ist es damit auch mitnichten.

 "Sorgen, Kummer, Trauer: Das alles sind bestenfalls Randerscheinungen, meist aber Tabus in den Sozialen Netzwerken, die uns eine endlose Aneinanderkettung von schönen Momenten versprechen. Aber nur weil wir die negativen Gefühle von unseren Displays verdrängen, sind sie noch lange nicht aus unseren Köpfen und Herzen verschwunden." (Zitat ebd.) Ein Apell daran, dass es sich auch lohnt die düsteren Seiten des Lebens öffentlich zu teilen. Denn wie sehr das zusätzlich stressen kann, wenn alle immer nur Superhappykrams teilen, habe ich in den letzten Wochen auch gelernt.

 In eigener Sache: Ich habe diese Woche doch tatsächlich mal wieder eine Platte rezensiert. Mein Review zu "Hallo Hoffnung" von ZSK kann man bei allschools.de nachlesen. Es fiel mir enorm schwer da objektiv zu bleiben. Es ist mir auch nicht wirklich gelungen. Es gibt diese Dinge, die fallen einfach genau im richtigen Moment in mein Leben. Ich habe sie abgefeiert. Hart! (Und das hat nichts damit zu tun, dass das ein Rezensionsdownload war, was somit wohl als Werbung gilt...)


 Ich will übrigens alle Menschen, die auf diesem Blog hier mitlesen und vor allem in der letzten Woche kommentiert haben, am liebsten mal ganz feste herzen. Eure Kommentare waren so eine schöne Fernwärme, die ich zusätzlich zur Sommerhitze sehr genossen habe und die mir sehr gut getan hat. Ihr seid die besten! Ich dankedankedanke euch!
 Dieser Beitrag darf heute wieder zu Andrea und dann gehe ich mal duschen- hehe.

Mittwoch, 25. Juli 2018

Gebraucht, getauscht, gekleidet


 Rock? Rock! In diesem Falle tatsächlich nicht selbstgenäht. Dieser Rock stammt aus dem Tauschhaus bei mir um die Ecke. Warum? Darum: Wenn der Körper sich verändert, braucht es manchmal neue Klamotten. In meinem Fall ist das ein bisschen doof gewesen. Irgendwie halte ich ja immer noch an dem Grundsatz fest, keine Klamotten zu kaufen, die ich nicht selber nähen kann. Wenn sich der Körper allerdings so sehr verändert, das erprobte Schnitte nicht mehr funktionieren, wird einer der größen Späße zum Vollfrust und das ist dann wirklich ätzend. Ich nähe gerne, aber es darf mich eben auch nicht so viele Nerven kosten. Und ich mag mich und mein Körper gehört in dieses "mich" eben auch rein und somit mag ich Kleidung tragen, die ich verdiene. So musste ich dann doch anders an Kleidung kommen, die sich eben den Veränderungen anpasst. In meinem Fall ist das recht einfach. Bei mir um die Ecke steht ein fabelhaftes Tauschhaus. Ein großes, überdachtes Kleiderschrankregal, in das Menschen Krempel und Klamotten packen können, die sie nicht mehr brauchen und Leute wie ich Krempel rausziehen können. Manchmal stelle ich auch was rein. Funktioniert super. Ansonsten gibt es eben noch die zahlreichen Trödelmärkte in der Stadt. Da findet man auch immer fabelhafte Klamotten. Und das absolute Second Hand Paradies ist ja eh immer Schweden. In meinem Fall eben öfter Göteborg. In meinem Fall ist es ganz hilfreich, dass ich keinen Stil habe, bzw. auf keinen festgelegt bin (finde ich). Das hält flexibel. Falls es wer nicht glaubt. Hiermit starte ich den Gegenbeweis. Ich habe mal ein paar meiner derzeitigen Lieblingsteile rausgesucht:


 Simpel geht auch mal aus dem Tauschhaus.



 Trödelfund. Und der Aufnäher schrie geradezu danach, auf diesem Jäckchen zu landen.


 Ich trage jetzt auch gelb in your Face. Vom Trödel.


 Manchmal auch ein abgefahreneres Röckchen auf dem Trödel erstehen.


  Lieblingstop für die ganz heißen Tage. Second Hand aus Göteborg.


 Schlabbert zwar auch, geht aber durchaus wegen der großartigen Designerin durch.. Second Hand aus Göteborg.


 Da ist irgendetwas schief gelaufen. Frau Jule in Hose. Geht aber auch mal. Aus Göteborg, Second Hand.



 Wichtig ist, trotz Veränderungen (von Körper oder sonstwas), niemals vergessen, sich selbst am allerliebsten zu haben und sich auch mal eine fette Umarmung zu verpassen. Dieser Pulli ist von einem Hamburger Trödel und definitiv sowas von mein derzeitiges Lieblingsteil. Leoparden haben scharfe Krallen, können schnell rennen und auf Bäume klettern. Sehr wichtige Skills in vielen Situationen. Auf dem Aufnäher steht übrigens "Fight Lookism!". Eines meiner derzeitigen Lebensmotti.


 Wenn alles nicht hilft, dann auch gerne mal Kapuze drüber und verkriechen. Auch das kann hilfreich sein. Ruhephasen eben nicht vergessen.


 Und dann geht es weiter als und mit Wonder Woman. Die habe ich nämlich auch im Tauschhaus gefunden. Genauso und niemals anders! Es muss nicht immer neu und glitzernd sein. Sammeln und jagen macht auch viel mehr Spaß. Und ich liebe ja ganz oft die Gespräche mit den Menschen an den Trödelständen und am Tauschhaus. Oft werden die Klamotten, dann direkt mit Geschichte dahinter eingepackt. Ich mag das. Demnächst wird es aber auch wieder selbstgenähtes geben.

Montag, 23. Juli 2018

Zurück aus der Versenkung


 Hallo zusammen. Ich wühle mich mal wieder hervor aus der Versenkung. Hätte ich gewusst, was dieses Bild bedeutet, ich hätte es mir wohl trotzdem gekauft. Das Leben hatte mich kurzzeitig etwas ausgeknocked. Das mit dem Ausknocken ist ja immer so eine relative Sache. Auf dem Blog passierte nichts, aber in meinem Leben eben doch so einiges, das so viel Energie gekostet hat, dass einige Dinge eben ruhen mussten, weil es nicht mehr reichte und ich Dinge tun mussten, die mir anderweitig Energie gaben. Einigen Energieraub schiebe ich tatsächlich den politischen Umständen zu. Ich glaube so oft und so aktiv, wie im letzten halben Jahr habe ich mich schon lange nicht mehr gegen die Dinge gestemmt oder für sie gekämpft. Das kostete Kraft. Dabei habe ich aber auch einige neue Menschen kennen gelernt. Das ist grundsätzlich erstmal ganz toll. Dabei habe ich ein paar ganz großartige Menschen getroffen, aber eben auch ein paar nicht so famose. Ich begegne Menschen ja gerne offen und mit einem liebenden Blick. Das ist nicht immer schlau. Gute Menschen wissen das zu schätzen. Die anderen... nunja. Ich möchte nicht sagen, dass es schlechte Menschen sind und waren und sein werden. Es sind eben Menschen, die zu oft zweifeln und verzweifelt sind, aus Gründen, die vielleicht nicht einmal sie selbst kennen. Ich habe zu viele nicht erkannt. Sie konnten sich in mein Leben und mein Herz schleichen, mein Vertrauen gewinnen. Sie sind nicht liebevoll damit umgegangen, haben meine Zuneigung, meine Wertschätzung, meine Liebe und mein Vertrauen missbraucht. Ich unterstelle da noch nichtmal Böswilligkeit. Aber das hat mich so einigermaßen geschröpft, bis ich fast gar nicht mehr ich selbst war. Dummerweise passiert das bei mir auch gerne mal in Reihenfolge oder so. So nach dem Motto: Triffste einen, bringt der gleich seine Artverwandten mit... Bums!


  Was ich aber jetzt noch besser weiß ist, dass ich eine Stehauffrau bin. Und auch die letzten Monate haben mir gezeigt, dass ich das und was ich alles noch kann, auch wenn es manchmal echt finster aussieht. Trotz der unglücklichen Menschen, habe ich nämlich auch noch ein paar ganz famose hinter mir stehen. Und gerade in solchen Zeiten merkt man dann doch nochmal extrastark, wer das eben so ist. Es sind die, die immer Sekt im Kühlschrank haben, es sind die, die mit ihren liebevollen Fragen neue Denkrichtungen eröffnen, ohne zu verurteilen. Es sind die Menschen, mit dem Salat im Bullikühlschrank, es sind die Menschen mit der Dachterasse in Richtung Feld und Wiese, es sind die Menschen mit der Hollywoodschaukel im Garten, es sind die Menschen, die eigentlich zu klug für diese Welt sind. Und es sind IMMER die Menschen, die Musik machen. Das sind die Menschen, die ausreichend Gaffatape im Haus haben und die wissen, das eben das die Welt zusammenhält. Und diese Menschen liebe ich sehr und bin ihnen unendlich dankbar! Für euch sollte ich dringend mal ein Fest geben.


 So kam es, dass ich meinen Geburtstag auf einem megaguten Festival verbringen durfte, obwohl ich eigentlich nicht gedacht hätte, dass ich das noch schaffe. Aber es ging allerbestens. Bei strahlendem Wetter, feinster Gesellschaft, mit irre viel lachen, tanzen, gröhlen und meinem ersten "richtigen" Bier seit 10 Jahren. Drei Tage und ich habe in den letzten Wochen nie besser geschlafen und bin erholter aufgewacht, als nach den Nächten dort im Zelt auf meiner Isomatte (nein, es lag nicht an dem einen Bier). Natürlich auch mit Sonnenbrand und wunden Füßen. Punkrock hilft. Das sollte ich mir tattowieren lassen. Endlich mal. Ich hatte das nicht vergessen, aber irgendwie unterschätzt. Danach noch bei den Freundesmenschen an der frischen Luft rumhängen und wieder atmen.


 Und jetzt kann und darf es heilen. Es sind Sommerferien und die gehören den verflucht guten Dingen. Wegen all dem Mist, hatte ich es noch nicht mal geschafft, meine geplante Wanderung auf dem Kungsleden in Schweden oder irgendeinen anderen Trip zu organisieren. Dass das für mich ein glücklicher Zufall war, zeigt sich jetzt. Schweden brennt. Auch dort wo ich sein wollte. Vielleicht werde ich auch mal kurz esoterisch und nenne es Schicksal oder Fügung. So darf ich in Hamburg bleiben, darf Eis und Kuchen essen, Musik hören, spazieren, schwimmen, an der Elbe rumgammeln. Ich kann in meinem Bett schlafen, mit meinen Lieblingsmenschen abhängen (also zu ihrem Feierabend *hust*) und ich werde tollen Besuch bekommen. Ich habe mir eine Zehnerkarte für meinen liebsten Yogaladen gegönnt und Tischtennisschläger gekauft. Läuft. Mensch muss wissen, was einem Kraft gibt und was gut tut. Neue Menschen müssen aber erstmal draußen bleiben, denke ich.


 Aus Gründen habe ich mir dann auch eine Mit(ohne)gliedschaft beim FC zum Geburtstag geschenkt. (Mal bitte kurz und hart abfeiern, dass man da bei der Geschlechtsfrage auch inter/divers ankreuzen kann. Ohne Diskussion, warum das Geschlecht bei sowas wichtig ist) Für meine Streetcredibility und so. Eine Dauerkarte fürs Roller Derby wäre dann ganz famos. Ansonsten hätte ich im Rahmen der AFM auch schon eine Ecke für weiteres "Engagement" gefunden. Bei St. Pauli geht es ja auch nur manchmal um Fußball. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen in der kommenden Saison wieder mehr Fußball zu genießen. Das ist ja im Falle von St. Pauli irgendwie wie Punkrockkonzert an jedem Wochenende.


 Meine Aktivität bei allschools.de hat leider auch ein bisschen gelitten. Dafür genieße ich es gerade sehr, meine Konzerte nicht mit Worten "bezahlen" zu müssen, sondern kaufe meine nächsten Tickets dann erstmal wieder. Mit diesem ganzen DGSVO-Quatsch habe ich eh noch keine Ahnung, was das alles für die Konzertfotografie bedeutet, aber das wird dann behandelt, wenn es wieder reizvoll wird. Bis dahin mag ich mir das Herz und die Seele ein bisschen für Geld streicheln lassen. Was den Blog angeht, weiß ich noch nicht so richtig, wohin die Reise geht. Aber das wusste ich vor über sechs Jahren ja auch noch nicht. Demnächst wird es auf jeden Fall sehr viel darum gehen, was mich stark macht. Denn über Empowerment habe ich auch nachgedacht. Und vielleicht ist ein Teil davon, dass ein Mensch mal so erzählt, was ihm so widerfahren ist und was ihn stark macht. Das werde ich in letzterem Fall tun. Denn auch das Private ist politisch, bzw. das Politische beeinflusst das Private. Politisch wird es also defintiv bleiben, denn das lasse ich mir nicht nehmen. Ein paar Beiträge sind schon im Vorratsschrank. Aber die werden milde dosiert.


 Zum Schluss möchte ich gerne noch den nicht persönlich bekannten Menschen danken, die mir per Mail oder beim Instadings so liebevolle Nachrichten haben zukommen lassen. Danke dafür! Ich wollte niemandem Sorgen machen. Vor allem bin ich sehr dankbar dafür, dass ihr mir das Gefühl vermittelt habt, dass auch Unbekannte mir wertschätzend und berührt gegenüber treten. Alleine eure Worte waren ein guter Balsam. Ich konnte nicht alles beantworten. Ich hoffe, ihr könnt das verstehen. Ich mag keine Versprechungen machen, aber evtl. kann ich mich bei Gelegenheit dafür revanchieren.