Samstag, 20. Oktober 2018

Samstagskaffee und Netzfunde # 26. 18

 
 Wow! Was für eine Woche. Erste Arbeitswoche nach den Ferien und es (punk)rockte so richtig. Es war so jeden Tag: Hier bin ich richtig, hier fühle ich mich wohl, darin bin ich super und ich will nie wieder was anderes machen. Bestes Ding: Nachmittagsunterricht. Ich meine Nachmittagsunterricht. Dieser Unterricht von 14:30- 16h. Normalerweise ein Höllenritt, weil sowohl Lernende als auch Lehrende da schon komplett am Leistungslimit sind. Doch nicht diese Woche. Diese Woche so: Klasse arbeitet spitzenmäßig leise und konzentriert. Ich sitze da und langweile mich, weil ich wahrhaftig nichts zu tun, als zu beaufsichtigen hatte. In meiner Schultasche das Unterdog Fanzine. Ich beginne zu lesen. Die beigelegte CD liegt auf dem Pult. Ein Kind kommt mit einer kleinen Frage zu mir, sieht die CD da liegen und fragt, ob wir da mal reinhören könnten. In ruhigen Arbeitsphasen hören wir gerne nebenbei ein bisschen Musik. Ich so: "Klar! Aber gebt bescheid, wenn euch die Ohren bluten." Ich hatte die CD selbst noch nicht gehört, aber eine leise Ahnung davon, wie das klingen könnte. Aber ich bin ja experimentierfreudig. CD rein, die Kids hören mal kurz auf, arbeiten dann aber brav weiter. Niemand muckt auf, niemand rebbeliert gegen diese ruppige Musik, vereinzelt sehe ich Füße und Köpfe beim Arbeiten im Takt wippen. Zu bestem Riot Grrrl Punkrock! Baff! Dass sie STATION 17 oder KOLLEKTIV BARNER 16 gut fanden, konnte ich ja verstehen, weil poppig. Aber Punkrock? Am Ende der Stunde kommen einige Lernenden zu mir: "Können sie mal FEINE SAHNE FISCHFILET mitbringen? Können wir die mal hören?" Sechste Klasse und so. Im Geiste durchbrach meine Kinnlade den Fußboden. So kam es, dass diese Woche in meiner Klasse sehr viel Punkrock in "stillen" Arbeitsphasen gehört wurde. Von FEINE SAHNE FISCHFILET zu ZSK zu den RIOT GRRRL SESSIONS. Ich nenne das mal antifaschistische, musikalische Früherziehung. Und mir ist es total egal, ob sie diese Mucke gut finden, weil sie sie gut finden oder weil sie mir gefallen wollen. Beides ist der Hammer! Man muss die Kids ja da abholen, wo sie stehen. Ich hätte da noch mehr im Schrank stehen.


 Netzfunde passend dazu:


 Die A*f*D in Hamburg hat in Hamburg mit ihrem Petzportal dann auch in Ecken der Gesellschaft Fuß gefasst, wo es einige Naziparteien vor ihnen nicht geschafft haben. Dieses Meldeportal, auf dem Lehrende in Hamburg gemeldet werden können, die sich angeblich nicht an das Neutralitätsgebot halten, hat diese Woche neben dem Unterricht alle aufgewühlt. Diese "Partei" geht auch die GEW mittlerweile hart an. Ich musste die gesamte Darstellung der Vorfälle aus Gründen diese Woche lesen. In meinem Kopf schallert er seit dem nur noch "A*f*D, du Opfer!". In Hamburg laufen derzeit schon zwei Disziplinarverfahren gegen Lehrende, die angeblich gegen die politische Neutralität verstoßen haben. Ebenso gab es in der Hamburgischen Bürgerschaft eine kleine Anfrage, ob sich Menschen mit Verbeamtung im Bündnis Aufstehen gegen Rassismus engagieren würden. Dieses Bündnis wird in BaWü und Schleswig- Holstein vom Verfaschungsschutz beobachtet. Es kommt das Gefühl in mir auf, dass verbeamtete Menschen, dann auch in ihrer Freizeit schön die Finger von vemeintlich staatsfeindlichen Dingen lassen sollen, sollte diese braune Scheiße weiter hochkommen. Mir schoss die Frage durch den Kopf, ob es dann demnächst auch eine kleine Anfrage gibt, ob verbeamtete Menschen auch auf Konzerten von FEINE SAHNE FISCHFILET rumgehüpft sind (oder diese gar in der Schule mit ihren Lernenden hören-wah!). Immerhin tauchten die ja auch öfter mal im Verfaschungsschutzbericht auf.... Es ist und bleibt gruselig. Halloween braucht es wahrhaftig nicht mehr. Und ich weigere mich auch dagegen, meine Klappe zu halten, um dieser Partei keinen Raum in unseren Diskussionen zu geben. Wer schweigt stimmt zu. Und ja, ich habe Angst, aber das ist auch der Grund, weshalb ich mutig sein kann und es bin. Denn ich werde mich von sowas nicht einschüchtern lassen.

 Beim Trailer zum neuen kinofilm #FemalePleasure lief es mir eiskalt den Rücken runter. Eine Doku über fünf Frauen und ihren Kampf um Gleichberechtigung. Mal sehen, ob ich mir das im Kino geben kann...

 Aber für was Schönes bin ich trotzdem noch zu haben: Da kann man sich doch mal was weiter über alternative Beziehungsmodelle erzählen lassen. Schöne Berichte von Menschen, die das leben. Danke innenAnsicht! Da geht es um Liebe. Davon braucht es wieder mehr und davon ist irgendwie, irgendwo ja doch genug für alle da. Außer für Nazis natürlich.

 Und wo ich heute schon einen Kinofilm angeteasert habe: Astrid werde ich mir ja wohl mal sowas von im Kino anschauen. so wie der Trailer aussieht, mit einer Familienpackung Taschentücher. Da freue ich mich drauf. 



 Und ich werde weiter Punkrock unterrichten. Ich bekomme das bekanntermaßen auch hin, ohne Namen von Parteien zu gebrauchen. Ich vermittele eh lieber Werte statt Hetzbotschaften. Das ist demokratische Erziehung und Bildung. So! Bei Andrea vorbei und dann genieße ich diesen freien Herbsttag. Habt ein charmantes Wochenende!

4 Kommentare:

  1. Herzbotschaften statt Hetzbotschaften quasi? :D

    Alles Liebe (und danke, geb ich weiter!)
    Sabrina

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  2. Oh, meine geliebte Namenspatronin im Film! Danke fürs Aufmerksammachen, den muss ich sehen, ist ja klar:-
    Was du da schreibst über die Disziplinierungsversuche in puncto Lehrer, die (privat) gegen rechte Politik aufstehen, lässt schlimmste Erinnerungen an meinen Start im Schuldienst denken (damals hieß das Radikalenerlass ). So weit sind wir jetzt also schon! Sieht nicht gut aus! Man schafft Freiraum für Rechte, indem Kritik an denen von Maaßens Leuten angegangen wird. Da horche ich auf.
    Dir alles Gute!
    Astrid

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    1. ja, auf den radikalenerlass habe ich mich vor ein paar wochen auch schon bezogen. gruselig. wie ich sagte...
      viel spaß im kino!
      liebste grüße,
      jule*

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