Mittwoch, 2. September 2020

Lächeln gegen mieses Männlichkeitsimage


  Männlichkeit hat ein Imageproblem und ich checke nicht, warum es keinen Aufstand gibt. Männlichkeit tritt auf als laut, pöbelnd, rücksichtslos, unzuverlässig, diskriminierend. Unfähig, weiche Gefühle zuzulassen, auszuleben. Kurz: Männlichkeit wird an so vielen Ecken mit "Arschloch" gleichgesetzt. Ich checke es nicht. Was in den letzten Jahren durch die Medien zum Thema (toxische) Männlichkeit ging, bestätigt wurde, die Welt leiden lässt ist mehr als gruselig. Missbrauch, Vergewaltigung, Kriege, Ausbeutung, Zerstörung. Was mir persönlich in den letzten Jahren, in meinem Leben mit Männlichkeit passiert ist ist grausam. Ich checke es nicht. Warum gibt es eigentlich aus Ecke der Männlichkeit keinen Aufschrei, keinen Wunsch, dieses ekelhafte Image aufzupolieren, einen Imagewandel zu vollziehen. Mal den Kinderwagen um die Ecke schieben, meine ich damit nicht. Warum packt Männlichkeit nicht Männlichkeit am Schlafittchen und sorgt da mal für Anstand?


 Und es sind auch diese kleinen, "alltäglichen" Unhöflichkeiten, die mir persönlich den Kontakt mit Männlichkeit massiv erschwert. Blicke, Kommentare, kleine Anzüglichkeiten in Gesprächen. Nein, das sind keine Komplimente. Nein, es ist kein Spaß. Über Anpöbeleien habe ich schon öfter geschrieben. Hier und hier und hier. Vielleicht fällt mir das verstärkt auf, je alleiner ich mich fühle. Mittlerweile mag ich zu bestimmten Uhrzeiten gar nicht mehr in bekannten Ecken unterwegs sein. Immer noch nicht wegen Angst, sondern wegen belastender Spaßverderbung. Selbst Fachmänner nerven mich. Im Baumarkt frage ich aus Prinzip nur noch Mitarbeiterinnen. Keinen Bock auf Mansplaining. Selbst der angekündigte Besuch vom Heizungsableser oder Kammerjäger in meiner Wohnung macht mich mittlerweile komplett nervös. Ich hätte gerne mal wieder meine Ruhe. Nicht immer angespannt sein, um irgendwas mindestens innerlich abzuwehren. Und ich möchte das nicht nur dann haben, wenn ich einen Mann an meiner Seite, ergo einen Partner habe. Alleinstehende Frau ist kein Freiwild. Männlichkeit, kümmere dich doch bitte mal um dein Image. Ich hätte da eine schöne Geschichte:


 Neulich so ein sonniger Samstag. Ich war alleine unterwegs, hatte Balkonequipment in einem Hipsterviertel gekauft und ein leckeres Eis verspeist. Ich hatte die Kamera in der Tasche und hatte schon auf dem Hinweg viel Streetart fotografiert. Auf dem Rückweg hatte ich die Stauden im Beutel über der Schulter und die schicke neue gelbe Gieskanne in der Hand. Ich schlenderte über meine Schleichwege nach Hause. Irgendwo saß ein Mann etwa in meinem Alter auf einer wohl selbst rausgestellten Bank vor einem Haus und trank Bier. Ich hatte ein paar Häuser vorher ein schickes Kunstwerk gesehen, wollte es fotografieren und stellte dafür meine Beute kurz ab. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie er mich beobachtete. Ich musste auf dem weiteren Weg an ihm vorbei. Es war so eine typische Situation, die oft nichts Gutes brachten. Ich packte die Kamera weg, schulterte meine Beute und straffte mich innerlich. Ich blickte ihn an und er lächelte mich einfach nur an. Ein extrem charmantes Lächeln von einem offensichtlich glücklichen oder wenigstens zufriedenen Mann, mit Bier in der Sonne. Ein friedliches Lächeln. Vielleicht fand er meinen leicht abgedrehten Auftritt mit gelber Gießkanne und Blumen im Beutel gut, vielleicht das Wetter, vielleicht das Interesse an Kunst und Fotografie, vielleicht hatte er einfach nur einen guten Tag, vielleicht war er einfach nur einer der guten Männer. Alles in mir fiel ab, die ganze Anspannung und irgendwie zwinkerte ich ihm sogar zu, ging an ihm vorbei und es kam kein Spruch, Kommentar oder sonstwas, was in dieser Situation möglich gewesen wäre. Es war "nur" ein ehrliches Lächeln. Und genau das könnte ich wirklich einfach öfter mal haben. Vielleicht einige andere Geschlechtsgenossinnen ebenfalls. Und das Image von Männlichkeit auch ganz dringend. Und wie abgedreht ist es eigentlich, dass ich wegen eines Männerlächelns einen Blogbeitrag schreibe? Weil es leider so wenig normal zu sein scheint, dass es Erwähnung verdient.... 

 

3 Kommentare:

  1. Wow, wie Recht du hast! Und deine tolle Geschichte lässt mich im Umkehrschluß vermuten, daß viele wohl irgendwie unzufriedenen bis ziemlich unglücklich sein müssen. Vielleicht ist das der Punkt zum Ansetzen...?

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    1. ja, vielleicht. aber wer sollte das unglück beseitigen? sicherlich nicht menschen wie ich. das können die herren mal selbst in angriff nehmen.
      liebst,
      jule*

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  2. Na klar ist das der Punkt zum Ansetzen, wie Janina schreibt. Aber leider geht die Schlussfolgerung dann gerne daneben. Mich regt immer auf, wie sehr die Frauen, die immerzu ebenso tolles wie die Männergeleistet haben, einfach unsichtbar gemacht werden, weil Mann sich immer in den Vordergrund stellen muss...
    Gute Nacht!
    Astrid

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