Donnerstag, 14. Mai 2020

Literatur # 1. 2020


 [Werbung, da Produkterkennung, unbeauftragt, unbezahlt, Bücher selbst gekauft oder von Freundesmenschen geschenkt bekommen] Ach, Bücher, Literatur. Ich liebe das ja. Eigentlich. Aber irgendwie hatte ich in den letzten Monaten im Hinblick auf Lesen ein echtes Tief. Harte Konzentrationsstörungen, keine Bücher, die mich so richtig gepackt haben und eine intellektuelle Krise machte mir jeglichen Spaß an politisch, gesellschaftlich, kritischer und sonstwelcher Lektüre zunichte. Zwei Bücher habe ich für meinen Lesekreis noch gelesen, bevor es nur noch zu Bilderbüchern und dann laaaaange Zeit zu gar nichts mehr gereicht hat. Das hat mich wirklich traurig gemacht. Zum Glück kenne ich Menschen, die einem hin und wieder mal was Gutes rüberschieben und dann war ich doch wieder drin. Ich habe meinen Anspruch ein bisschen runtergeschraubt und von gesellschaftskritischer Literatur lasse ich erstmal die Finger. Ich bin schon schlau genug und in der Lage, selbst zu denken. Zwischenzeitlich war ich wieder bei einem Buch pro Woche. Sehr gut.


 Ich fange mal mit dem bescheuertsten Buch an, dass ich seit Jahren (!!!) gelesen habe. Man, war das schlecht. Von einem Mann geschrieben. Natürlich und genau so las es sich auch. Es geht um Resilienz. Wie Menschen schwere Krisen überstehen und trotzdem weiter zuversichtlich aufs Leben blicken. Oder in diesen Falle: Wie Männer Krisen überstehen, nicht Menschen. Mit einer Ausnahme sind alle vorgestellten "Fälle" Männer. So Fälle wie der Kriegsfotograf, der schwer traumatisiert in eine Depression rutscht, angibt dass er das ohne seine Frau nicht überstanden hätte. In einem Halbsatz wird dann noch erwähnt, dass diese Frau sich auch noch großartig um das Kind mit Trisomie 21 kümmert. Wer ist da der resilientere Mensch? Kriegsfotograf oder Frau, die kranken Mann und behindertes Kind versorgt. Herrje!!!! Die einzigen Frauen werden im Doppelinterview ganz am Ende des Buches gefühlt mal eben noch abgefrühstückt. Puh. Am Beispiel Stephen Hawking flog mein Buch fast einmal quer durch den Raum und an die nächste Wand:
 "Und noch eine dritte Kraft war es, die es Hawking ermöglichte, sein Schicksal zu meistern: Die Liebe. Was ihn am Leben gehalten habe, so erklärte er einmal, sei die Liebe der Frauen gewesen, die ihn umsorgten" (S. 25) Das ist keine Resilienz, das ist das Abschieben von mental load an die Frauen, die das dann erledigen! ARGH!!!!
 Das haben wir übrigens im Lesekreis gelesen. Die anderen Damen waren ähnlicher Meinung. Wir hatten unsere Kritik nach einer halben Stunde durch und konnten uns den netten Themen zuwenden.


 Ach, Anke Kuhl mag ich ja sehr gerne. Und hier ein ganzes Buch über Essen. Rituale, Speisen, Gesundheit, Geschmäcker undundund. Essen aus allen möglichen soziokulturellen Hintergründen beleuchtet und erklärt. Sehr schön. Das hat Spaß gemacht. Kommt in meine Unterrichtsmaterialbibliothek. Ich wurde auch sehr passend beschrieben:
 "Jule krümelt beim Essen. Auf dem Schulhof muss man nur der Krümelspur folgen und schon trifft man Jule."


 Musste mal wieder Astrid Lindgren huldigen. So ein schönes, bebildertes Buch über ihr Leben und Schaffen. Wundervolle Zeichnungen, kurze Texte zu unterschiedlichen Kapiteln aus ihrem Leben, passende Zitate von ihr und aus ihren Büchern. Sicherlich gut geeignet, um auch mal mit Kindern an ihr Leben zu treten. 


 Letztes Lesekreisbuch, das wir gelesen haben, bevor wir uns nicht mehr treffen konnten. Hatte ich aus diesem Beitrag der innenAnsicht gepflückt. Toll! Eine Liebesgeschichte, leicht zu lesen, aber nicht so ganz einfach. Etwas alternative Hintergründe, starke Frau, schlimme Familiengeschichte, schöne Freundschaftsbeziehungen und viel Literatur. Das Ende war ein bisschen drüber, aber seis drum. Danach mussten wir noch ganz dringend literarisch trinken gehen. Die Protagonistin trank immer Gimlet auf Poetry Slams. Kannte keine von uns. Mussten wir dann mal selbst testtrinken. Sehr lecker. 
 "Wenn die Familie auseinanderbricht (zusammenbricht?), tun eine Weile lang die großen Dinge weh, wie direkt nach einem Schlag, doch diese Art Schmerz schwindet ziemlich schnell, weil man gezwungen ist, sich daran zu gewöhnen, und das tut man in erster Linie, indem man nicht daran denkt. Kleine Dinge, wie das hier, kriegen dich hingegen immer wieder dran, und zwar für immer, soweit ich das sagen kann." (S. 81f.) 


 Geschenkt bekommen. Das hat mich nach der langen Lesepause echt wieder zurückgeholt. Eine leichte Geschichte und trotzdem dieses: Mach doch worauf du Bock hast, egal was andere denken/sagen/tun. Jule (!!!) eröffnet auf dem Dorf ein neues Café, das ein kreativer Treffpunkt werden soll. Muss sich natürlich mit den Alteingesessenen und deren Vorurteilen rumschlagen. Am Rande geht es auch um die Vorteile von Veganismus, umweltfreundlichem Handeln im Allgemeinen, Upcycling, Reuse, Reduce, Recycle. Punkrock ein bisschen rüschig eingepackt. Dazu auch im Buch immer Anleitungen zum Selbermachen eingeflochten mit Ermutigung, die Dinge doch mal auszuprobieren. Leichte Kost. Fantastisch, um mich wieder ans Buch zu holen. Ein dickes, fettes Danke an die Schenkerin. 


 Mit einem Fuß im Grab, wenn das Herz einen Fehler hat. Aus medizinischer Sicht. Die Protagonistin schildert ihre Reise zum Spenderherz. Sie bloggt darüber, findet nach erfolgreicher Transplantation in ein neues Leben. Unsicher, forschend, aber wohl ahnend, was gut und was nicht gut ist. Eine spannende Geschichte. Berührend. Was es heißt zur Risikogruppe zu gehören. Dazu eine Menge "Regel deine Organspende" Aufklärungen. Ich habe am Ende aber nicht mehr zusammenbekommen, was der Titel mit dem Inhalt zu tun hatte.... Im Original heißt das Buch "Blueheart", was absolut Sinn ergibt. Nunja.
 ""Danke für das, was du gesagt hast," erwidert sie. "Dass man nicht glücklich sein muss, nur weil man bekommen hat, was einem jeder gewünscht hat." (S. 116)


 Auch was zum wegsnacken. Auch eine spannende Geschichte von den Irrungen und Wirrungen, in die man so als wurzellose Frau im Hinblick auf zwischenmenschliche Beziehungen so tappen kann. Dazu noch eine Menge alltägliches Lebensdrama und echte Tragödien, ohne gekünstelt zu wirken. Starke Frauenfreundschaften, ehrlich, berührend, dabei eine sehr lockere Sprache. Ich konnte voll mitgehen. Immer. Fantastisch!
 "Wenn ich mitbekommen habe, dass irgendjemandem etwas Schlimmes passiert ist, war ich mir nie sicher, ob es zu aufdringlich ist, demjenigen zu schreiben. Es ist nie aufdringlich, es hilft immer. Wenn wir aus alldem irgendetwas lernen können, dann, dass man einfach immer einen Brief schicken sollte." (S. 209) 


 Der Titel sagt alles. Ein bisschen verrückt. Ich habe den Tiefgang nicht gefunden. Ich fand es schon fast schade, dass diese Menschen ein Hotel in der Einöde brauchen, um einfach mal verrückte Dinge zu tun, sich auszuleben und Spaß zu haben. Aber schöne Zeichnungen. Gute Unterhaltung, würde man das wohl nennen.


 Ein echter Graphic Novel Schinken. Auch hier: Die Zeichnungen waren wunderbar. Die Story hatte es allerdings in sich. Die Abgründe die sich auf dem us-amerikanischen Land so auftun, die Fluchtmöglichkeiten, die schwer zu erkämpfen und zu finden sind. Aber auch eine schöne Liebes- bzw. Freundschaftsgeschichte, die bestärkt. Lohnenswert, wenn harte Familiengeschichten kein Triggerfaktor sind.


 Immerhin, nur ein richtig schlechtes Buch. Das zwar mit Anlauf aber der Rest ließ sich gut lesen. Hier liegen noch ausreichend Bücher rum. Mal sehen, wie es weiter geht. Ich bin jedenfalls froh, dass ich wieder lesen kann, Geschichten genießen und darin abtauchen. Das hat mir doch unbeschreiblich sehr gefehlt.

2 Kommentare:

  1. Danke für die lustige kritik und die tollen Empfehlungen <3
    Ich freu mich sehr, dass du wieder lesen kannst!

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