Samstag, 22. Juni 2019

Samstagskaffee # 14. 19


 Meinen Kaffee gibt es heute neben Blümchen. Geschenkten Blümchen. Es war eine intensive Woche. Meine Arbeit nahm mich so ungefähr gänzlich gefangen. Aber diese intensive Woche war eben auch so intensiv, weil mir an sehr vielen Stellen deutlich gemacht wurde, dass die Arbeit, die ich tue, genau das Richtige ist. Das Richtige für die jungen Menschen für und mit denen ich arbeite, für ihre Eltern, für mich. Den Strauß bekam ich von Eltern meiner aktuellen Klasse während unseres kleinen Jahresabschlussfestes. Wertschätzung für etwas, für das ich bezahlt werde. Das macht es vielleicht umso wertvoller.

 
 Er erinnert mich sehr an den Gewürzblumenabschiedsstrauß, den ich vor drei Jahren von meiner ersten Klasse zum Abschied bekam. Eben diese Klasse hat gestern ihren Abiball gefeiert und es war eine großartige Feierei. Es war toll all die jungen Menschen zu sehen, wie sie geworden sind. Als eine Lehrerin, die sie zwischen Klasse fünf und zehn begleitet, habe ich sie den größten Teil ihrer Schulzeit begleitet. Gestern waren auch viele Ehemalige da, die zwar kein Abi gemacht, dafür aber einen guten Weg gefunden und dann mitgefeiert haben.


 Vielleicht war es der Alkohol, der da gestern Abend aus einigen von ihnen sprach, aber ich habe so viele irre wertschätzende Worte von diesen jungen Menschen zu meiner Art und Weise, meiner Arbeit mit ihnen abbekommen, dass mir zwischenzeitlich die Tränen in die Augen stiegen. Vor Rührung. Es war der erste Jahrgang, der in Hamburg inklusiv beschult wurde. Ich war damals die erste Sonderpädagogin überhaupt an ihrer Schule. Und auch da durfte ich feststellen, dass diese Inklusion so verdammt geile Auswirkungen auf alle Beteiligte hat. Menschen, die sonst kaum eine Chance haben, aus ihren soziokulturellen Zusammenhängen auszubrechen, tun es. Menschen, die nicht ausbrechen müssen, werden tolerante, wertschätzende Menschen, die verstehen, dass Vielfalt Reichtum ist. Als ich mich für diesen Beruf entschied, habe ich niemals erwartet, dass ich mal Lernende haben werde, die Abitur machen.... Wie ich sie da so tanzen, trinken und feiern sah, dachte ich, dass unsere Zukunft mit ihnen eine gute werden kann.


 Ich fühle mich immer noch ganz umgerührt. Wunderbar! Wie gut es tut, zu merken, dass man so einiges richtig gemacht hat, richtig macht, auch wenn man zwischenzeitlich zweifelt, verzweifelt, total überarbeitet und angestrengt ist. Diese intensive Woche kam genau zur richtigen Zeit. So kann ich die letzten drei Tage noch überstehen und dann ganz gepflegt und verdient meine Beine sechs Wochen lang hochlegen.


 Netzfunde fallen heute dementsprechend aus. Zu Andrea geht es trotzdem und dann arbeite ich den Rest für dieses Schuljahr weg. Habt ein charmantes Wochenende!

6 Kommentare:

  1. So ein schönes Dankeschön! Bei uns ist das überhaupt nicht üblich, und es gibt genau eine Familie, die sich mit einem Znüni im Lehrerzimmer und einer schönen Karte bedankt. Ich freu mich schon. Bald ist es das letzte Mal. habat ihr schon Ferien oder erst gefeiert?

    Liebe Grüsse von Regula

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    1. oh, das letzte mal dauert bei mir noch ein paar jahre. ferien fangen hier am donnerstag an. ich lechze!
      liebst,
      jule*

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  2. Das freut mich so für dich, dass du ein - in diesem Beruf trotz der guten Bezahlung überlebensnotwendig - solch schönes Feedback bekommen hast, dass dich auch weitertragen kann in den nächsten Jahren, die wieder auf ihre Art hart werden ( das ist sicher in diesem Metier ). Im Übrigen habe ich bei dir den Eindruck, dass du sehr viel mehr gibst, als die, die in der Schule ihren Job machen. Da stimmt dann die Bezahlung nicht mehr wirklich mit der erbrachten Zuwendung überein... Aber vergiss dich selbst nicht!
    Alles, alles Gute für dich!
    Astrid

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    1. ich vergesse mich selbst auf gar keinen fall. manchmal frage ich mich, ob die grenzen zwischen beruf und hobby da nicht schon fast zu fließend sind...
      liebst,
      jule*

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  3. Wie schön! Wenn es nur mehr Pädagogen, wie dich gäbe!Liebe Grüße, Gundula

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    1. dankedanke! einige derer, die ich groß gezogen habe, werden zunächst diese richtung einschlagen. es besteht also hoffnung ;)
      liebe grüße,
      jule*

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