Montag, 7. September 2015

Der inklusive Montag: Bullshit- Bingo


 Der inklusive Montag findet hier alle zwei Wochen statt. Alle zwei Wochen gebe ich hier einen kleinen Einblick in die vielseitigen Chancen und Möglichkeiten, die die Inklusion mit sich bringt. Wer nochmal nachlesen möchte, was Inklusion überhaupt bedeutet, kann das hier nochmal tun. Grundsätzlich soll es um die guten Seiten gehen, um das was schon funktioniert und um das wo sich noch etwas ändern muss. Hier soll nicht gemeckert, sondern angepackt und sich gefreut werden. Anzumerken ist zum Schluss, dass ich "nur" eine Seite der Inklusion beleuchten kann, da ich "nur" Sonderpädagogin bin. Aber vielleicht finden sich ein paar Menschen, die gastbloggen möchten. In diesem Falle bitte gerne bei mir melden.

Thema heute: Bullshitbingo Inklusion und Behinderung


 Ich finde es manchmal schwer, bei gewissen Dingen, die mich in unserer Gesellschaft nerven, ruhig zu bleiben. Noch anstrengender finde ich es, wenn Menschen in meiner direkten Umgebung meinen, sich ständig und meistens nur bedingt schlau zu diesen Themen zu äußern. Vor allem, weil dann oft immer die gleichen unüberlegten Phrasen gedroschen werden. So ist es auch mit dem Thema Inklusion. Ich bin mir nicht sicher woran es liegt, aber seit Beginn des neuen Schuljahres setzt mir das besonders stark zu. Vielleicht liegt es daran, dass ich in den Sommerferien ausschließlich mit guten Menschen zusammen war, mit denen ich auf einer Wellenlänge bei vielen Themen surfe, oder wir uns die Dinge einfach mal erklären lassen und darüber nachdenken, bevor wir uns dazu äußern.


 Dass Schule ein "toller" Ort ist, um sich mit inklusiven Themen rumzuschlagen, habe ich hier denke ich schon zu genüge bekundet. Dass das alles nicht so rund läuft, ist denke ich auch bekannt. Vergangene Woche war ich irgendwann so böse und habe so gekocht, dass ich einen Weg brauchte, um nicht ständig allen Menschen ins Gesicht zu springen. Im Büro der guten Kolleginnen hängt diese Postkarte, auf der steht "Immer lächeln und winken, du kannst sie nicht alle töten". Darum habe ich ein "Bullshit- Bingo Inklusion und Behinderung" gebastelt. Diese Bullshit-Bingos kursieren im Netz für alles mögliche, nur zu diesem Thema fehlte irgendwie eines. Meine guten Kolleg*innen und ich spielen jetzt schulintern. Und ihr dürft auch gerne mitspielen:


 Nehmt das gerne mit, druckt es aus und spielt. Die Formulierungen sind bewusst politisch inkorrekt und auf geschlechtsneutrale Formulierung habe ich ebenfalls verzichtet, denn Bullshit wird eben auch eher selten korrekt formuliert. Einfach komisches Zeug anhören, dazugehöriges Feld auf dem Spielplan ausstreichen, bei einer vollen Reihe waagerecht, senkrecht oder diagonal laut "Bingo" rufen. Statt "Bingo" bei einer vollen Reihe kann man auch vorzüglich einfach laut "Bullshit" rufen. Ich werde es mir demnächst jedenfalls nicht verkneifen können, demonstrativ die Felder in Gegenwart von Dummschwätzenden auszustreichen. Sollen sie ruhig fragen, was ich da mache. Wir müssen uns ja nicht mehr so lange ertragen. Ich habe jetzt immer einen Zettel im Hosen-/Rocktaschenformat dabei. Das ganze ist nicht besonders professionell, aber irgendwann ist auch einfach mal vorbei. Und ich hoffe so sehr, dass ich demnächst mal wieder etwas feines, schönes, erfolgreiches beim inklusiven Montag zu berichten habe, denn das alles frustriert mich doch wirklich gehörig.

2 Kommentare:

  1. Ich werds mir definitiv ausdrucken. .. bekomme so einen Rotz öfter zu hören.
    Habe mich vor den Ferien total aufgeregt: unser Sohn hat eine geistige Behinderung und seit 1. Juli ist er hochoffiziell als Autist bestempelt. Bei dem Gespräch, als die Ärztin uns das erklärte, was für uns eigentlich nix neues war, hat sie gesagt, dass sie mitbekommen hätte, dass wir im Sommer in den Urlaub fahren wollen. Ihr Kommentar dazu: trauen sie sich das wirklich zu? Ein Autist fährt nicht einfach so in den Urlaub.
    Mein Kommentar mit hochgezogenen Augenbrauen: Unser Autist schon!
    Dann war ich ruhig sonst wär noch was unüberlegtes passiert.
    Außerdem gibt bald auch hier in Bayern, dass ein Jugendlicher mit Behinderung den Hauptschulabschluss auf dem zweiten Bildungsweg nachholen kann. Eine Freundin wünscht sich das für ihren Sohn, der damit nächstes Jahr beginnen kann. Eine Nachbarin der Freundin kann dies absolut nicht verstehen und fragt warum sie das für ihren sohn will. Damit er jede Ausbildung beginnen kann, die er möchte (vorausgesetzt es gibt ihm jemand die Chance dazu), war die Antwort meiner Freundin. Die Nachbarin darauf: es sollte dir klar sein, dass solche Menschen wie dein Sohn in der Wirtschafts- und Arbeitswelt echt nicht gebraucht werden und erwünscht sind.
    Eigentlich sollte man so einen scheiss gar nicht aufschreiben...
    Es macht mich traurig, dass meine Energie, die ich für meine Kinder brauche, an solchen Blödsinn verschwendet wird, der uns leider viel zu oft begegnet ( auch aus der eigenen Familie)
    Liebe Grüße, Angela

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  2. Dazu fällt mir ein Erlebnis meines Bundesfreiwilligendienstes ein. Das absolvierte ich in einem Wohnheim für Menschen mit Schwerstmehrfachbehinderung, und gelegentlich ging ich mit einigen Klienten einkaufen. Einmal, an der Kasse, packte einer von ihnen ganz sorgfältig und akribisch und fröhlich und einfach ganz wunderbar den Einkaufswagen aus und legte alles auf das Band. Ach, er war so stolz auf sich, und ich auf ihn, wir freuten uns so und ich dachte eigentlich, dass sich alle in der Schlange mitfreuen ... doch dann sagte die ältere Dame hinter uns plötzlich ganz erbost: "Geht das nicht schneller? Kann man die nicht in ihrem Heim lassen?"
    Furchtbar wütend macht mich sowas, und traurig und trotzig und sprachlos, alles gleichzeitig.

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