Freitag, 11. September 2015

Ärmel hochkrempeln


 So, endlich habe ich es auch mal in die Hamburger Messehallen geschafft. Warum das derzeit so spannend ist? Darum: In Hamburg werden derzeit Spenden für Flüchtlinge aus aller Welt hier gesammelt und an die verschiedenen Unterkünfte weiterverteilt. Am Mittwoch hatte ich ein offenes Zeitfenster und war zusammen mit Herrn Fussel vor Ort. Spenden hatten wir keine dabei. Am vorrangeganenen Wochenende waren so viele Spenden eingegangen, dass darum gebeten wurde, erstmal nichts zu bringen. Zum Sortieren der Spenden werden aber immer Menschen gesucht. Also hin da!


 Wir haben uns kurz am "Empfang" gemeldet, bekamen Namensschilder aus Kreppband und los ging es. Handschuhe hatte Herr Fussel vorrausschauenderweise mitgebracht. Ich hatte zwar dran gedacht, sie dann aber doch vergessen. Es gibt vor Ort auch welche, aber auch die kommen aus Spenden und wir müssen uns ja nicht daran bedienen, wenn wir es nicht wirklich brauchen.


 Um vor Ort gut in die Prozesse eingebunden zu werden, braucht es schon ein wenig Eigeninitiative. Das ist nicht weiter schlimm. Es sind so unfassbar viele Menschen vor Ort gewesen. Wahnsinn! Wir haben kurz in der Halle geholfen, wurden dort aber bald nicht mehr gebraucht. Also haben wir uns etwas Neues gesucht. Und sind vor der Halle unterm Vordach gelandet.


 Hier haben wir Kindersachen nach Größen vorsortiert und in Kartons verpackt. Spannend für zwei Menschen, die so überhaupt keine Ahnung von Kinderklamotten oder deren Größen haben. Teilweise waren die Größenschilder auch aus den Klamotten getrennt. Da gab es dann eine kurze Beratung mit anderen Helfenden und man hat das Stück auf gut Glück in eine Kiste geworfen. Einige Spendendende hatten herausgetrennte Größenschilder übrigens durch beschriftete Aufkleber ausgeglichen. Fein.


 Sortiert wurde auf solchen Palettentischen, die mit Pappe abgedeckt waren. Immer kamen neue Leute dazu oder es gingen welche. Volle Kartons wurden verklebt und beschriftet, neue Sortierkartons beschriftet und in die Reihe gestellt.


 Irgendwer lief immer zwischen einem wundersamen Ort und unserem Sortiertisch herum und brachte neue "Ware". Für uns war kaum ersichtlich wo in der Halle was lagert, woher was kommt, irgendwer hat immer neue leere Kartons zum Einsortieren und neue Klamotten angeschleppt. Irgendwer musste den Überblick haben.


 Zwischendrin kamen auch freundliche Menschen vorbei und fragten, ob wir was bräuchten, brachten Wasser und Becher, gaben den Tipp, dass gerade eine Spende aufputschender Getränke für Helferlein gebracht wurde. Alles war im Fluss.


 Wir haben knapp 3 Stunden kleine Klamotten sortiert, Kartons beschriftet, zugeklebt und gestapelt. In der Halle selbst wollte ich keine Bilder machen, da man da, sobald man still stand, auch gleich im Weg stand. Da war so ein reges Treiben und Gewusel. In der Luft Rummsen von gestapelten Kartons, Klebebandreißen, das Rollen von Transportwagen, Stimmengewirr, Papiergeraschel, quietschende Filzstiften. Daraus hätte man einen schönen Spendenbeat machen können. Ich hatte Gänsehaut und fast Tränen vor Rührung in den Augen. Logistisch auch eine Glanzleistung. Alles organisiert von Ehrenamtlichen. DIY- or die! at it´s best.


 Irgendwann hingen uns dann aber auch die Mägen in den Kniekehlen und ich hatte unfassbaren Durst, trotz der Spenden. Mit fällt es bei solchen Aktionen immer schwer mal Pause zu machen. Wir konnten uns nur schwer losreißen. Trotzdem mussten wir los. Also haben wir unsere Namensschilder zu den vielen anderen geklebt und sind sehr berührt wegspaziert.


 Direkt in den Messehallen nebenan sind übrigens auch Flüchtlinge untergebracht. Hinter diesem Zaun. Auch das ließ mich nicht kalt. Als wir ankamen schauten sie teilweise über den Zaun und winkten uns zu. Vor der Halle radelten die Kinder herum und viele Erwachsene standen in der Sonne. Ein Auto hielt direkt vor dem Haupteingang. Ein paar bekopftuchte Frauen stiegen aus, beladen mit Platten voll orientalisch anmutendem Essen und wurden freudig begrüßt. Vermutlich in gemeinsamer Landes-/Muttersprache. Hach!


 Wir wurden an diesem Abend noch mit blauem Himmel und Heißluftballon belohnt. Wer helfen will, kann täglich zwischen 9h und 21h vorbeikommen. Infos zu benötigten Spenden findet ihr hier. Ich werde nicht zum letzten Mal da gewesen sein. Das Ganze ist einfach nur großartig! Bis Ende September darf die Kleiderkammer und die Flüchtlingsunterkunft noch in den Messehallen sein. Offenbar gibt es für die Zeit danach noch keine Ausweichmöglichkeit. Es wäre schade, wenn es wegen dem startendem Messebetrieb keine solche Einrichtung mehr gäbe. Sowas wird so sehr gebraucht.

 
 Beim Spaziergang zum Essen kamen wir zufällig noch beim Blockadetraining der jungen Linken vorbei. Thematisch passte das ziemlich gut. Zum Mittrainieren waren wir aber doch zu hungrig und müde. Darum möchte ich aber bei allem Spenden und gut reden auch daran erinnern, dass in Hamburg morgen noch etwas anderes zu tun anliegt. Ich hatte das hier schonmal getan. Die eigentliche Nazidemo war bis zur Veröffentlichung dieses Beitrags zwar immer noch gerichtlich verboten, aber auf die Straße gegen diesen Quatsch geht es trotzdem. Das kann ja niemals schaden. Ab 10h am Hauptbahnhof oder 11h vorm Rathaus. Und laut sein gefälligst!

2 Kommentare:

  1. Super ! Und ein dickes Dankeschön, dass Ihr MACHT und nicht nur redet ! Anpacken, da wo Hilfe benötigt wird, wo Menschen die kommen, nichts mehr haben. LAUT sein ist wichtig, gegen das doch leider immer öftere, braune Gedankengut, das keiner mehr braucht ! Nie mehr !
    Liebe Grüße,
    Birgit

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    1. wieso "wir"? mach doch auch mit! das macht spaß!
      liebe grüße,
      jule*

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