Dienstag, 15. September 2015

Nicht jedes Fähnchen in den Wind halten


 Vergangenen Samstag habe ich ein Fähnchen in den Hamburger Wind gehängt. Normalerweise gar nicht mein Stil, aber in dem Fall war das dringend nötig. Eigentlich wollten Faschist*innen/ Asylgegner*innen/ Nazis durch die Stadt marschieren. Haben sie im dann zwar nicht, aber die Gegendemo fand auch so statt. Als erfahrene Demonstrationshäsin hat man ein paar wichtige Kniffe in punkto Demonstrationsvorbereitung natürlich im Schädel. Hilfreich ist es z.B. immer mit mehreren zusammen hinzugehen, um im Falle eines Falles (ich habe da schon so einige erlebt) gegenseitig Hilfestellung zu geben. Wenn man aber auf eine solche Großveranstaltung geht, ist es weiterhin hilfreich, einen sichtbaren Treffpunkt zu haben, der im Zweifel auch ohne Handy und in Bewegung funktioniert. Transparente können da helfen. Damit habe ich aber schlechte Erfahrung gemacht: Bei der Wahl Tränengas ins Gesicht oder Transpi fallen lassen und schnell wegrennen, habe ich schonmal die Entscheidung für das Transpi gefällt- mein Herz für Selbstgemachtes und so. Etwas Leichtes musste also her, mit dem man im Zweifel auch rennen kann.


 Da ich keinem politischen Zusammenschluss (mehr) angehöre, dessen Fähnchen ich hätte schwenken können oder wollen, musste ich selbst ran. Auf meinem Arbeitstisch flogen von meinem letzten Projekt noch ein paar Reste leichten (wichtig!!!) Stoffes herum. Eigentlich benutzt man zur Transparentmalerei Abtönfarbe, die war aber nicht da, dafür umso mehr Stoffmalfarbe. Ich habe also flott den Pinsel geschwungen. Die Botschaft war klar. In Anbetracht der knüppeldick vollgepackten vergangenen Woche eigentlich erstaunlich, dass ich das noch geschafft habe, aber man muss eben Prioritäten setzen. Ausreichend Schlaf war in dem Fall keine Option.


 Die Stoffe habe ich einfach mit der Zackenschere zugechnitten. Den weißen Stoff auf die Rückseite des gestreiften genäht. Mit rotem Garn, das war eh gerade in der Maschine. Bunt und so.


 An der Seite habe ich einen Tunnel genäht, das ganze über eine Holzlatte aus einem alten Raffrollo gezogen und sicherheitshalber nochmal festgetackert. Gelernt ist gelernt. Die Latte war etwas splitterig, aber zum Schleifen war keine Zeit. Den Griff habe ich einfach mit Gaffa umwickelt. War super.


 So ging es in die Stadt. Die Demo verlief weitestgehend friedlich. Rennen mussten wir auch nicht. Sie hat dennoch ihren Zweck erfüllt. Was will man mehr? Hin und wieder blieb Zeit, sich einen Kaffee zu organisieren, Pippipause zu machen, hinterm Demowagen zu tanzen, den Garageninhalt der Polizei zu fotografieren. Und selbst, wenn der eine oder die andere unserer Gruppe sich kurz entfernte, fanden wir wieder schnell zusammen. Für alle anderen Fälle hätte sie vermutlich auch getaugt. Ich habe schon schlimmere Demos erlebt. Wir wären gut vorbereitet gewesen.


 Eigentlich war der Wind an besagtem Tag ganz gut. Die Fahne wehte häufig gut sichtbar. Nur ich selbst habe irgendwie kein brauchbares Bild in Action hinbekommen.


 Das Fähnchen durfte danach noch mit aufs Straßenfest und Kaffee trinken. Nun steht sie in der Ecke und wartet, was da kommen wird. Ich entschuldige mich hiermit auch hochoffiziell bei all den Menschen, denen ich zwischenzeitlich mal aus Versehen mit der Fahnenstange auf den Kopf geklopft habe, wenn ich in meiner Tasche was suchte. Ich kann zwar Fahnen machen, aber damit Umgehen muss ich wieder üben.
 Und damit rüber zu den anderen Dienstagsprojekten. Das hier ist ja schon fast mal wieder DIY- or die! der feinsten und ursprünglichsten Sorte. Hängt euer Fähnchen nicht in jeden Wind!

2 Kommentare:

  1. Das nenne ich mal ein hervorragendes DIY. Schon die Sufragetten haben ihre Banner liebevoll selbst gestaltet (gestickt), bei der Arbeit ist es aber klar, wenn frau sich lieber fürs Selbstgemachte als fürs Davonrennen entscheidet... Demnächst dann vielleicht die selbstgebastelte Gasmaske?! LG mila

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. gasmaske selbstgemacht? hehe. schöne idee.
      liebe grüße,
      jule*

      Löschen