Donnerstag, 5. September 2019

Ohne Worte


 Und irgendwann kommt man dann doch an den Punkt, an dem einem die Worte fehlen. Worte zu den Dingen, die um einen rum so passieren. Die großen politischen, die kleinen privaten. Dann steht man da mit offenem Mund und kann nur schmerzgeplagt staunen. Das, was so unvorstellbar ist, passiert. Hin und wieder geht das auch so mit den schönen Dingen des Lebens. Doch die unschönen haben blöderweise immer mehr Macht.


 Da ist es dann auch ziemlich schnell vorbei mit schönem "Handlettern". Wenn die gruseligen Dinge hier und andernorts passieren, dann weiß man nicht so recht, welche Worte es dafür noch geben kann. Wenn die Verzweiflung über die vermeintlichen Unabänderlichkeiten und Abhängigkeiten so laut und kraftraubend wird. Man hat vorher gerredet, geschrien. Verzweifelt. Man könnte jetzt sagen "Ich habs doch immer schon gesagt.". Doch dieses Eingeständnis in die eigene Hilflosigkeit kann Schmerzen verursachen, die nicht ertragbar sind.


 Schweigen ist niemals Gold. Schweigen ist Zustimmung, weil eine Verneinung der Umstände auch nicht ausgesprochen wird. Ich lehne Schweigen ab. Schweigen ist machtvoll.  Schweigen hat aber noch nie jemanden weitergebracht. Weder einen selbst, noch andere. Man kann nicht nicht kommunizieren. Ich akzeptiere stille Bedenkzeit, Einkehr, Nachfühlen, ruhiges Kraft schöpfen. In lauten Zeiten. Aber nicht all zu lange. Irgendwann muss es hinaus. Zum Retten. Reden hilft. Es muss nicht geschrieen werden. Reden reicht. Dialog. Und manchmal ist es auch ein Warnsignal, wenn man andere zum Schweigen gebracht hat. Dann ist etwas falsch gelaufen. Dann hat man jemanden anders in die schmerzhafte Ohnmacht geschickt und im Sinne von "So wenig Arschloch wie möglich sein", ist das keine Option für ein gutes Leben. Redet miteinander, macht euch nicht sprachlos, macht euch nicht hilfos und ohnmächtig. Nicht im Privaten, nicht im Politischen. Teilt die Schmerzen. Vielleicht sind es die selben. Verstehen kann man das dann nur, wenn man in Kontakt tritt. War noch jemand sprachlos in den letzten Tagen?

 

6 Kommentare:

  1. Achja, ich bin im Moment auch ziemlich sprachlos. Nicht nur wegen dem was so in diesem (Eng)Land, sondern auch dem was in mir gerade los ist. Sehr viel Gedanken-Wirrwarr, aber reden mit den richtigen Leuten hat da schon etwas geholfen.
    Liebe Grüße und alles Gute
    Janina

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    1. ja, reden ist echt gold wert. mit den richtigen menschen.
      liebst,
      jule*

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  2. Liebe Frau Jule,
    durch einen schlimmen Krankheitfall im nahen Umfeld und einer seelischen Dauerbelastung bin ich nicht in der Lage das Weltgeschehen richtig an mich ranzulassen. Mit Müh und Not kriege ich den Alltag geregelt und verhindere in eine Depression zu sinken.
    Deine Anregungen am Ende vieler deiner Posts finde ich ganz wichtig.
    Ich wundere mich, das es bei dir so wenige Kommentare gibt. Dein blog ist so vielseitig und das Gegenteil von oberflächlich.
    Ich wünsche dir sehr, daß du Menschen hast, mit denen du reden kannst - auch wenn die hier nicht in Erscheinung treten.
    Herzliche Grüße,
    Gundula

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    1. danke für deine worte! dir wünsche ich viel kraft!
      und das mit den kommentaren... nunja... vielleicht mache ich menschen auch sprachlos...
      liebe grüße,
      jule*

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  3. Zum Glück nicht, beseligende Enkelzeit...
    Guter Text!

    ❤️lich
    Astrid

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