Samstag, 27. September 2014

Inklusiver Samstagskaffee


 Ich hatte diese Woche mal wieder Gedankenkarrussell zum Thema Inklusion. Das hatte ich hier schonmal von mir gelassen. Oben gezeigtes Buch hat mir relativ flott schon vor Jahren die Augen geöffnet. Ich habe nunmal in Frankfurt an einer soziologisch geprägten Uni studiert und von daher war das damals das Standartwerk, wenn es um die soziale Konstruktion von Behinderung ging. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob es aus wissenschaftlicher Sicht mittlerweile neuere Fachliteratur gibt, doch dieses finde ich SEHR empfehlenswert.
 Es ist ja nicht so, dass das Thema Inklusion erst seit gestern aktuell wäre, aber einige dumme Menschen haben es immer noch nicht begriffen. Dumme Menschen kann ich nur sehr schwer ertragen, wobei ich durchaus die Fähigkeit besitze "dumm" von "andere Chancen, aufgrund von Bildungszugängen" auseinanderzuhalten. Dumme Menschen (also die, die durchaus einen universitären Abschluss haben und das mit der Inklusion- obwohl sie damit arbeiten- immer noch nicht geblickt haben) jedenfalls gingen mir diese Woche auf den Nerv. Menschen, die meinen, Inklusion würde sie nicht betreffen... Tz! Inklusion betrifft uns alle! Und wir alle sind dazu verpflichtet zu ihrem Gelingen beizutragen. Nicht nur wegen der UN- Konvention, sondern aus Menschlichkeit. Inklusion kann nicht alleine von Politik vorgeschrieben werden, sondern muss von jedem von uns selbst gemacht werden. Ganz im Sinne von DIY- or die! PASTA!


 Und damit ich heute den Kopf mal wieder ein bisschen frei bekomme und hoffentlich runterfahren kann, werde ich mich gleich mal auf den Zug schwingen und ein bisschen Landluft atmen. Hach. Der Blick aus meinen Küchenfenster vor wenigen Minuten war schon recht versöhnlich: Herbst! Sonnenaufgang in der Stadt, mit taufeuchten Ziegeldächern, sich einfärbender Linde und rot. Nichts grau heute im Gegensatz zur vergangenen Woche. Ich wünsche euch was!

 Der Samstagskaffee geht auch heute wieder zu Ninja.
 Das Himmelsbild wandert hinüber zu Katja.

 P.S.: Warum gibt es eigentlich noch keinen Fachbegriff für Behindertenfeindlichkeit? Wobei im Sinne von Inklusion und einfacher Sprache, können wir das Kind vielleicht einfach weiterhin beim Namen nennen, oder?

8 Kommentare:

  1. Ich staune immer wieder. Es gibt Menschen, die sind so klug, obwohl ihre Schulbildung nicht gerade als super bezeichnet werden kann. Deine Gedanken vom anderen Blickwinkel aus, aber ich versteh dich sehr gut. Liebe Grüsse und gute Erholung auf dem Land. Kommst du zu mir? Wir können nicht nur frische Luft, sondern auch Weitsicht bieten. Regula

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  2. Dein Post berührt mich sehr und ich habe auch gerade deinen "alten" Post gelesen (der letzte Satz ist übrigens klasse. Also geschrieben, nicht inhaltlich) und mir geht es wie dir. Ich finde das Umgehen mit und Reden über Menchen mit Behinderungen oft ziemlich schlimm. Ich versuche wenigstens meine Tochter in dieser Hinsicht freier zu erziehen. Freier im Kopf (ich habe bis vor kurzem einmal wöchentlich ehrenamtlich in einer Einrichtung für Behinderte gearbeitet und ihr somit viel darüber erzählen können). Und das schöne ist, dass meine Tochter nun öfters mit ihren Freundinnen über behinderte Menschen spricht. Weg vom Mitleid, hin zum Interesse (ja klingt jetzt auch ein bißchen komisch). Aber ich denke das wäre ein Weg.
    Schöne Grüße und viel Spaß auf dem Land
    Jutta

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  3. Inklusion geht uns alle an. Wie recht Du hast!
    Herzlichst, Julika*

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  4. Ich blick´s nicht ganz. Du regst dich über Kollegen auf. Kollegen, die es besser wissen müssen, weil sie auch im gleichem Beruf arbeiten. Weil sie an irgendeinem Grundsätzlichem Gedanken falsch abgebogen sind. Das Toilettenschild. Mit der Frau, dem Mann und der dritten Gruppe. Ich möchte mehr erfahren und wünsche mir vielleicht deine grundlegenden Gedanken mit einem positiven Beispiel. Wie ist die Welt zu verändern?

    Ich habe keine Ahnung von der Arbeit mit behinderten Menschen. Ist ja auch ein großes Feld. Gibt es ja auch nicht: die behinderten Menschen an sich. Man müsste ja auch irgendwie ein langes Toilettenschild dazu machen, wenn man meint, die Aufteilung Mann/Frau reiche nicht aus.

    Folgende Geschichte als mein einziger Berührungspunkt:

    Mein Frauenarzt hat mir bei der Schwangerschaft mit den Zwillingen zu einer Untersuchung geraten. Ich sollte Trisomie 21 testen lassen, oder eher die Wahrscheinlichkeitsrechnung dazu. Dieser Test kostet Geld. Er ist automatisch davon ausgegangen, dass ich abtreiben wollte bei einer zu hohen Wahrscheinlichkeit. Das war so selbstverständlich, dass es unausgesprochen blieb. Zuerst.

    Ich habe mir diese Kinder sehr und lange gewünscht und mit Gott mehr als einmal verhandelt.

    Ich war völlig unvorbereitet und ich fragte ihn hinterher, was denn der Test bringen sollte. Würde man das nicht eh im späteren Verlauf der Schwangerschaft feststellen können und sich dann entsprechend auf die Geburt vorbereiten können? (ich dachte ja, der Test diene der besonderen Vorbereitung auf eine solche Situation)

    Nein, sagte er, er diene dazu, dass ich noch im legalen Rahmen abtreiben könne.

    ich musste weinen. Nie, sagte ich, nie und nimmer. Ich hätt meine Seele persönlich dem Teufel verkauft, wenn er mir hätte Kinder geben können. Nie, sagte, ich, egal was ihr Test sagt.

    Ich habe ihn gemacht, weil ich eben noch von der Vorbereitungsidee ausgegangen bin. Sollte ich noch mal das Glück haben, schwanger zu sein, werde ich diesen Test ablehnen.

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    1. hallo fadenvogel,
      grundsätzliche gedanken hatte ich an dieser stelle schonmal von mir gegeben: http://fraujule.blogspot.de/2014/05/inklusion-ist-doch-ein-kinderspiel.html der post ist auch oben im beitrag verlinkt.
      an dem toilettenschild hat mich nicht aufgeregt, dass es zu wenige kategorien gibt, sondern so schon zu viele. haben rollstuhlfahrer z.b. kein geschlecht? warum brauchen die überhaupt eine extra ausgewiesene toilette, könnte man nicht normal auf die damen- oder herrentoilette grundsätzlich eine toilette für rollstuhlfahrerInnen mit einbauen? das argument, platz und geld finde ich in dem falle mehr als unmöglich. bzw. finde ich eigentlich schon die kategorisierung in mann und frau zuviel. eine toilette für alle. ende aus. so wie eine welt für alle ohne kategorien. das wäre inklusion in reinform. das wäre ein traum.
      diese testungen in der schwangerschaft auf wer weiß was das kind alles haben könnte finde ich auch eher fragwürdig. frauen sind verunsichert, frauen die sich für ein spezialkind entscheiden werden stigmatisiert, du scheinst das ja selbst erfahren zu haben. für medizinische forschung wird mehr ausgegeben als dafür, menschen mit (noch) speziellen bedürfnissen das leben leichter zu machen. da läuft doch was falsch. zu dem entstehen viele behinderungen peri- oder postnatal und wir alle sind ständig und immer von behinderung bedroht. wenn morgen das auto in mich reinrauscht und ich querschnittsgelähmt bin, was ist dann? dann würde ich trotzdem gerne weiter ein schönes leben mit so wenig hindernissen wie möglich haben wollen. du nicht auch? ein schöner blog dazu ist übrigens dieser: http://jule-stinkesocke.blogspot.de/
      ich hoffe ich konnte ein wenig klarheit schaffen ;)
      liebe grüße,
      jule*

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    2. Ich habe eine eine große Ultraschalluntersuchung (ich glaube man nennt es Organscreenung) machen lassen, weil ich gerne wissen wollte, ob man Behinderungen erkennnen kann, um mich dann gegebenenfalls (das Kind ist gesund) mit dieser Situation schon etwas "anzufreunden" und mich zu informieren. Dabei wurde ich von dem Arzt ziemlich komisch angeredet, ob ich dieses Kind denn wirklich dann wirklich bekommen wolle. Fast muss man sich rechtfertigen, wenn man keine Fruchtwasseruntersuchung macht und nicht abtreibt. Verkehrte Welt!

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  5. Das sind schwere Gedanken am frühen Morgen. Ich hoffe du hattest trotz grübeln noch einen schönen Tag.

    Liebe Grüße,
    Andrea

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  6. Liebe Jule,
    vielleicht kannst du ja mal an ganz praktischen Beispielen erläutern, was für dich Inklusion und wie das gehen kann, wenn aus Haltung Menschen gegenüber dann Taten entstehen.
    Dann kann es greifbarer werden (und vielleicht auch Ängste/ Sorgen kleiner machen....) und bleibt nicht auf so einer Theorie-/ Meta-Ebene.
    Dann fänd ich toll.
    Liebe Grüße
    Anika

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