Unter dem Label "Kopfkirmes"
gibt es auf diesem Blog hin und wieder lose Wortklaubereien, die sich
im Laufe der Zeit in meinem Kopf zusammengebraut haben. Sie stehen in
keinem Zusammenhang zu den sonstigen Themen hier. Ich weise jegliche
Bezüge zu aktuellen Geschehnissen und autobiografische Zusammenhänge von
mir. Es sind Worte, die aus meinem Herz in den Kopf sprudeln, dort toben
und nach Freiheit verlangen. Teilweise sind die Wortklaubereien älteren
Datums, teilweise auch glänzend neu. Ich lasse sie hier einfach frei.
Glücksrad (03.2005)
Es läuft gerade sehr gut für mich.
Ich bin mal wieder am Zug. Gekonnt drehe ich an dem großen Rad vor
mir, es bleibt bei 1500 stehen. Wahnsinn, eine echte Glückssträhne.
So etwas habe ich sonst nie und das ist noch nicht mal gelogen. Ich
habe schon die Hälfte des Satzes gelöst, welcher auf den kleinen
leuchten Tafeln vor mir an der Wand von mir erraten werden soll. Die
junge knapp bekleidete Dame mit der enormen nicht natürlichen
Oberweite und dem festgetackerten Grinsen im Gesicht schaut mich
erwartungsvoll an. Ein „E“ möchte ich kaufen, ebenso ein „I“.
Ich höre das verheißungsvolle Klingeln. Volltreffer. Den zweiten
Teil des Redewendung könnte ich schon sagen, aber der erste will mir
nicht einfallen. Ich höre mich schon sagen: „Ich nehme die
Waschmaschine, den Trockner, das Bügelbrett und den netten jungen
Herrn in der ersten Reihe.“ Vor meinem inneren Auge gehe ich mit
ihm schon am Main spazieren.
Eigentlich brauche ich das nicht-
also das vorstellen- denn dort sitzen wir gerade in einem
Straßencafe. Wir sind hierher geschlendert. Die Sonne scheint, es
wird schon fast Sommer. Kinder auf Rollschuhen laufen herum und alte
Ehepaare gehen Hand in Hand spazieren, so wie wir bevor wir uns an
den kleinen Tisch setzten. Irgendwann möchte ich auch 600 Jahre alt
sein und seine Hand immer noch so zufrieden halten, wie die alte Frau
mit ihrem wohl ebenso alten Mann, die an uns vorbei spazieren. Ich
könnte platzen vor Glück. Der Winter ist vorbei, mir gegenüber am
Tisch sitzt der tollste Mann der Welt. In mir knistert es wie ein
gesamter Steppenbrand in der inneren Mongolei. Hier hilft kein
Wasser. Am liebsten würde ich laut aufjauchzen. Das hier ist unser
zweiter gemeinsamer Frühling und es kommt mir vor als hätte er die
drei kleinen Worte erst gestern das erste mal zu mir gesagt.
„Möchten sie auflösen?“,
fragt mich der Moderator. Ich kann es nicht und überlege
angestrengt, was das für eine Redewendung sein soll. Irgendwas war
doch da, ich habe es auf jeden Fall schonmal gehört oder gelesen. In
den Augenwinkeln kann ich den netten Typ in der ersten Reihe sehen,
der mich interessiert und auffordernd anschaut. „ Versau es jetzt
bloß nicht.“, schießt es durch meine Kopf. Aber es will mir nicht
einfallen. Verdammt nochmal. Ich will die Waschmaschine und den Kerl.
Ich blinzle mein Gegenüber an. Die
rosa Brille steht mir bestimmt ganz fantastisch. Ich greife nach
seinen Händen und will über sie streicheln, doch er zieht sie weg.
Ein kalter Hauch umfährt mich und ich sehe in fragend an. Seine
Miene verhärtet sich. Wird ausdruckslos.
Liebe, ich sehe nur Liebe auf den
Leuchttafeln. Das Grinsen der Glücksfee wird langsam unerträglich,
wenn ich das jetzt hinbekomme, poliere ich ihr hinterher in der
Garderobe die Fresse. Liebe... Liebe.... Liebe... in der Liebe...
Herrje, das kann doch nicht so schwer sein. Ich höre schon das
Ticken des Zeitzählers. Meine Zeit läuft ab und ich bin so kurz
davor. Alle Kameras auf mich gerichtet, ich sehe die roten Lämpchen.
Tick tack tick tack.
„Ich muss dir was sagen.“,
fängt das ausdruckslose Gesicht, welches ich sonst so gerne
angeschaut habe an zu sprechen. Nein, bitte nicht. Das Gesicht wird
mir fremd. Es kommt mir vor, als säße ich 1000 Meter weit entfernt.
Mein Stuhl wackelt. „Ich liebe dich nicht mehr.“ Ich kenne ihn
nicht mehr. Mein Stuhl fällt rückwärts in den Main und ich
hinterher. Das hat er nicht gesagt. Mein Blick wandert verzweifelt an
den Tisch neben uns. Aber dort sitzt eine Familie mit drei kleinen
Kindern an fünf gemischten Eisbechern. Sofort fühlt mein Magen sich
an, als hätte mit jemand Glasscherben hineingeworfen. Ein Dolch
durchstößt meine Brust, die rosa Brille sinkt schneller auf den
Grund des Mains. „Es ist nicht mehr wie früher, ich kann nicht
mehr mit dir zusammensein.“ Ich sehe, wie sich seine Lippen
bewegen, doch es kommt nichts mehr an. Er wirft mich aus seinem Leben
und ich sitze regungslos da. Die Schlange hat zugebissen und das
lähmende Gift hat längst seinen Weg in meine Gliedmaßen gefunden.
Der Steppenbrand ist gelöscht. In mir krümmt es sich zusammen und
ich falle. Er steht auf und ich spüre den eisigen Wind, der nicht
aufhören will, während ich weiter falle.
Noch tickt es, als mir der rettende
Einfall kommt. Triumphierend rufe ich: „ Ich möchte auflösen:
Glück im Spiel, Pech in der Liebe.“ Applaus. Es ist richtig.
Mitleidig schaut die ältere Dame neben mir mich an. Der knackige Typ
aus der ersten Reihe ist längst verschwunden. Aber ich kann die
Waschmaschine mit nach hause nehmen.
Ich muss auch mal wieder (privat) kreativ schreiben, glaube ich.^^
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Sabrina
ja tu das und hau hin und wieder mal was davon raus! ich habe ja auch nur so gut wie alte sachen. etwas neues wäre sicherlich auch mal sehr cool...
Löschenliebe grüße,
jule*