Montag, 10. Oktober 2016

Gedanken eines Gedankengefängniswärters

 Unter dem Label "Kopfkirmes" gibt es auf diesem Blog hin und wieder lose Wortklaubereien, die sich im Laufe der Zeit in meinem Kopf zusammengebraut haben. Sie stehen in keinem Zusammenhang zu den sonstigen Themen hier. Ich weise jegeliche Bzüge zu aktuellen Geschehnissen und autobiografische Zusammenhänge von mir. Es sind Wort, die aus meinem Herz in den Kopf sprudeln, dort toben und nach Freiheit verlangen. Teilweise sind die Wortklaubereien älteren Datums, teilweise auch glänzend neu. Ich lasse sie hier einfach frei. 


 
Gedanken eines Gedankengefängniswärters

 Könnte ich diese Wände bemalen, dann würde ich sie mit Gedanken bemalen. Einfach dieses vermaledeiten Dinge nehmen und an die Wand klatschen. Emotionen, Geräusche, Sinnesempfindungen, Melodien, Gerüche, Farben, Schnitte, Worte, Temperaturen. Einfach an diese widerliche weiße Wand damit. Ich möchte all das Freie dort an dieser Wand bannen. Dort festtackern, einsperren, annageln. Einfach nur, damit ich das ganze Zeug endlich mal genauer und in aller Ruhe anschauen und studieren kann. Diese Gedanken erkennen, sortieren, strukturieren. Die Freiheit rauben, damit ich erkennen, entdecken und verstehen kann. Vor allem verstehen.
Verstehen, warum. Verstehen, weshalb. Verstehen, wieso. Und ich möchte das Schöne gerne noch ein wenig länger betrachten können. Das Böse dagegen stellen. Erfahren, ob es wirklich der Schatten ist, der das Licht so hell und warm macht. Oder ob es das Licht ist, dass den Schatten so schwarz und kalt erscheinen lässt.


 Gedanken, frei flatternd, wie Schmetterlinge im Sonnenschein. Gedanken schießen wie Blumen aus dem Boden. Jede eine andere Farbe, Form und Struktur. Sie wehen im Wind. Zu unruhig, sie zu durchdringen. Die Schmetterlinge zu unberechenbar, sie zu fangen. Gedankentemperaturen, wechseln schneller als das Jahr vergeht. Temperaturen an der Wand? Wie soll das überhaupt funktionieren?
 Ich will sie halten. Genau dort. Zuviel geht verloren, weil es einem gerade durch den Kopf schießt und im nächsten Moment schon wieder vergessen ist. Vergessen kann hilfreich sein, aber mindestens genauso gefährlich. Man soll doch lernen. Lernen als Gedankenhaufen. Aber dieser Haufen ist ein Haufen und kein Bücherregal, in welchem alles chronologisch oder gar alphabetisch sortiert und katalogisiert ist, wie in einer Bibliothek. Wäre der Haufen ein wenig in Ordnung, dann würde es besser gehen, ich bin mir sicher. Aber so irrt der Mensch solang er strebt, weil er das nicht an die Wand malen kann. Die Chaostheorie kann hier nicht helfen.
Gedanken auf der Wand bannen. Einsperren. Nur um ein wenig Zeit zu gewinnen. Fast ein Ding der Unmöglichkeit. Die Gedanken sind frei. Und ich kann nicht schnell genug schreiben.

2 Kommentare:

  1. "Einfach nur, damit ich das ganze Zeug endlich mal genauer und in aller Ruhe anschauen und studieren kann. Diese Gedanken erkennen, sortieren, strukturieren. Die Freiheit rauben, damit ich erkennen, entdecken und verstehen kann. Vor allem verstehen."
    Mensch, Jule, da sprichst du mir aus der Seele!
    Hab eine feine Woche noch! Angela

    AntwortenLöschen