Hat sie wieder Teller bemalt. Teller vom Trödel. Die Aufschrift dieses Mal inspiriert von einem alten Spruch des FC St. Pauli. "Aux Armes!" (Zu den Waffen!), ist der Beginn eines Stadionrufes am Millerntor. Woher, wieso, weshalb, warum? Ich konnte es nicht ergründen. Vermutlich ist alles auch mehr Legende als sonst was. Irgendwie kommt dann die Marseillaise mit ins Spiel, welche ja im Grundsatz auch eher einen revolutionären Hintergrund hat. Passt doch alles ganz gut. Politik ist überall. Zeckenkrams gehört dazu. Einer der Teller darf hier bleiben, der andere wird wohl irgendwann festgeklebt an einer Hamburger Wand enden.
"Nichts wird von alleine gut...", das könnte ziemlich deprimierend klingen. Sähe man pessimistisch in die Welt. Die Sichtweise einmal positiv verrückt, ist es eben eher Kampfgeheul. Ich habe noch nie daran geglaubt, dass irgendwas von alleine gut wird. Mit Ausnahme des Wetters. Von jeher bin ich eine Kämpferinnennatur. Stehauffrau. Whatever. Irgendwo hatte ich mal Glück, als ich mit deutschem Pass in die akademische, obere Mittelschicht geboren wurde und im Bildungsbürgertum aufwachsen durfte. Da war es dann aber auch vorbei. Mein Leben ist nach wie vor ordentlich in Ordnung, aber das nicht von alleine. Für vieles musste ich kämpfen. Musste mich aus typisch weiblicher Sozialisation kämpfen, habe hart gearbeitet und gelernt in meiner und für meine Bildung und auf diversen gesellschaftlichen Parketts. Gläserne Decken durchbrechen. Musste meine erarbeiteten Erfolge, mein "so sein" immer wieder verteidigen. Das ist anstrengend, aber ich tue es gerne, weil es so gut sein kann, weil ich mich sonst verbogen und nicht wohl fühlen würde. "Wenn Jule nicht kämpfen kann, ist sie unglücklich", stellte kürzlich ein Herzmensch fest. Richtig. Selbst, wenn ich alles für mich erreicht habe, kann ich es nicht sein lassen. Dann kämpfe ich eben an anderer Stelle weiter. Da wo es Not tut. Ich kann nicht auf dem Sofa sitzen. Irgendwo da draußen findet sich immer etwas, wofür(!!!) oder wogegen es sich zu kämpfen lohnt. Und vielleicht ist es auch gar nicht so sehr kämpfen, sondern einfach nur handeln, wo es Not tut. Egal, ob politisch oder privat. Das eine ist ja eh fest mit dem anderen verbandelt.
Natürlich gibt es Dinge in meinem Leben, die nicht so geschmeidig laufen. Dinge, bei denen sich kämpfen nicht lohnt, weil es Windmühlen sind, gegen die ich anstürmen müsste. Mittlerweile habe ich erkannt, dass man eben nicht alles mit Handeln zum Guten wenden kann. Da kam zuerst die Hilf- und Hoffnungslosigkeit, dazu die Traurigkeit. Stücke davon schwingen immer mit in meinem Leben. Jeden Tag. Frustration und Wut gehören dann auch dazu. Der Weg von dort fort war und ist lang und qualvoll und oftmals noch anstrengender als das Kämpfen. Und doch gibt es Dinge, mit denen auch ich mich abfinden muss, die ich ruhen und eben so sein lassen muss. Auch wenn sie mein Leben tagtäglich berühren und ich ständig an meine Machtlosigkeit erinnert werde. Dann kann die einzige Waffe, die noch hilft, eine Kuchengabel sein. Zum Trostkuchen essen.
Auf der anderen Seite, kann man aber Zeit und Energien auf die anderen Kämpfe aufwenden. Gegen Rassismus und Homophobie. Für Feminismus, Inklusion, das Leben undundund. Das lenkt auch ab. Wenn man das mit vielen anderen hinbekommt, kann jeden Tag ein kleiner Schritt gemacht werden. Vielleicht gibt es Selbstwirksamkeit zu spüren, die stark machen kann.
Alles wird besser, nichts wird gut. Aber von alleine wird es auch nicht besser und vor allem nicht gut. AUX ARMES!!! Und wenn es das ist, wofür ich hier bin. Und in der Dienstagssammlung.
<3
AntwortenLöschendanke!
LöschenNichts wird von alleine gut... Genau das. Da fühle ich mich geistesverwandt.
AntwortenLöschenImmer wieder Energien sammeln, für das, was man richtig hält ( auch wenn die lange nicht mehr so groß sind wie vor vierzig Jahren ) und nicht aufgeben, auch wenn es öfter einen Rückschlag gibt.
Danke, dass du da bist!
Astrid
es ist so schön, das von dir gesagt zu bekommen. danke dafür!
Löschenhalte die ohren steif!
liebst,
jule*