Und da sitze ich so auf meinem Sofa und denke rum. Übers Bloggen. Seit fast vier Jahren tue ich hier kund, was durch meine Hirnwindungen schlängelt, was meine Hände produzieren, was in meinem Alltag so passiert und was mich bewegt. Und gerade in letzter Zeit sind es einige Gedanken, die sich auf das Bloggen beziehen. Sie sind ganz unterschiedlicher Natur.
Zum Einen wäre da natürlich immer das Gesellschaftskritische. Es gibt haufenweise Blogs zu diesen und jenen Themen. Einigen folge ich, um meine grauen Zellen zu füttern. Ich lebe sie, die Themen und Werte, die mir wichtig sind. Sie kommen hier nicht häufig zum Tragen. Viel zu oft hat das den Grund, dass ich wegen meines Studiums immer das Gefühl habe, all meine Gedanken und Meinungen mit brauchbaren Quellen belegen zu müssen. Meine wissenschaftliche Ausbildung steht mir da ein bisschen im Weg. Auf der anderen Seite habe ich große Lust, so einiges einfach mal so in den Orkus zu blasen, dies aber auf eine verständliche Weise. Auf der anderen Seite steht nämlich auch das Bedürfnis, die Dinge so auszudrücken, dass sie möglichst viele Menschen verstehen können. Vollkommener Widerspruch. Ebenso wie diese Themen vielleicht auch irgendwie zu den leichten Handarbeitsthemen stehen. Aber ist die Welt nicht voller Widersprüche? Ich hoffe so sehr, dass ich irgendwann die Kurve bekomme.
Ein anderes Thema ist natürlich das Handgearbeite. Ich habe schon lange keine Anleitung für irgendwas geschrieben und bebildert. Ich tanze auf diversen Linkpartys rum, erzähle aber eher selten, woher ich Schnitte und Stoffe bekomme. Dazu bleibt zu sagen, dass ich diese Linkpartys sehr mag. Weniger, um möglichst viele Klicks zu bekommen, als vielmehr als Möglichkeit des Austauschs. Zu Beginn meiner Internetkarriere standen Foren zum Austausch. Ich vermisse sie nicht. Ich mag die Blogs, auf denen sich vieles viel besser darstellen lässt. Ich mag aber auf der anderen Seite keine Schnitte oder Stoffhandelnden bewerben. Denn nichts anderes als Werbung ist es, wenn ich mit Namen von Handelnden um mich werfe. Mir ist klar, dass viele Kreative um jede Werbung dankbar sind, aber ich habe ja für das Material bezahlt und warum sollte ich da noch Werbung machen? Zudem muss ich bei den meisten Schnitten meistens noch drei bis elf Änderungen vornehmen und wieviel ist dann noch vom ursprünglichen Muster übrig? Auf der anderen Seite finde ich es auch irgendwie zu simpel einfach Ideen von anderen zu nehmen und eins zu eins umzusetzen. Ich agiere gerne als Inspirationsquelle, ich werde aber nichts Vorgefertigtes liefern. Dazu mochte ich es schon immer viel zu sehr, die Kopfinhalte in Aktion zu bringen, anstatt sie mit Fertigem vollzustopfen. Selbstgekochtes schmeckt immer noch besser als Dosenfutter, oder? Selber denken macht klug. Und Kopien fand ich schon immer langweilig. Ich bin lieber ich selbst. Wenn ich hin und wieder mal Werbung mache, dann wurde diese nicht bezahlt im kapitalistischen Sinne, sondern es sind Dinge, die mich begeistern.
Und wie ist das mit dem Rest? Ich lese auch andere Blogs. Habe ich bereits erwähnt. Allerdings musste ich in den letzten Monaten feststellen, dass ich diese Hochglanzblogs kaum noch ertragen kann. Es ist schön, dass es Menschen gibt, die vom Bloggen leben können oder sich wenigstens ein bisschen Taschengeld damit verdienen. Menschen, die ziemlich professionell an die ganze Sache herangehen. Helle, arrangierte Bilder liefern. Mein Weg ist das nicht. Irgendwie finde ich es auch etwas unspannend, wenn die Blogs nur noch aus Kooperationen und Werbung bestehen. Aus Gründen, die ich bereits genannt habe. Ich mag Blogs, die mich inspirieren, die mich zum Denken anregen und nicht die, die mich zum Konsumieren überreden wollen. Natürlich sehe ich auf Blogs manchmal etwas, was mir gefällt, was käuflich ist. Dann frage ich eben nach. Und dann entstehen Gespräche, vielleicht ein kleiner Austausch oder eben neue Freundschaften (alles schon passiert). Und sollte es nicht so sein?
Und vielleicht ist der oberste Grund, warum ich echte Blogs von echten Menschen, mit Herz, Gefühl und Leben gerne mag. Dass in dieser Welt schon viel zu viele krude Ideale verbreitet werden, reicht mir auf anderen Ebenen schon vollkommen. Wenn ich mich unter Druck setzen lassen möchte, dann kaufe ich eine Hochglanzfrauenzeitschrift. Das Internet gibt mir auf der anderen Seite aber zum Glück die Möglichkeit zu erfahren, dass es nicht nur mir mit bestimmten Dingen so geht, wie es mir geht. Und darum mag ich die Blogs die echt sind, die Ecken und Kanten haben, die mich inspirieren, mir aber nichts Fertiges vorsetzen. Und darum ist auch mein Blog ein solcher. Bleibt wie ihr seid. Denn nur Nullen haben keine Ecken und Kanten. So, das musste mal raus. Danke für die Aufmerksamkeit. Danke für eure lieben Kommentare und Rückmeldungen. Denn, wenn ich trotz all dem behaupten würde, ich würde diesen Blog nur für mich schreiben, wäre das absolut geflunkert. Ich mag die Reaktionen, die ich zurückbekomme. Macht weiter so!
Ach ja, das Bloggen. Immerwiederkehrendes Thema, zumindest bei mir. ;)
AntwortenLöschenSchön, wie Du darüber schreibst und wie Du gedenkst, es umzusetzen. Ich lese auf jeden Fall auch weiterhin gerne bei dir mit. :D
Liebe Grüße
Antje
danke!
LöschenViele interessante Sachen hast du da gesagt, bei denen ich oft nur zustimmend nicken kann.
AntwortenLöschenNur eine kleine Sache fehlt mir, die ich fix ergänzen möchte. Ich habe nämlich im Grunde gar nichts dagegen, wenn jemand Schnitte oder Stoffe oder Kaffeetassen vorstellt. Wenn es mich nicht interessiert, klicke ich es halt nicht an. Aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass solche Vorstellungen immer in Lobhudelei enden! Kritische Stimmen fehlen mir hier, der offene Umgang mit Misserfolgen ist ähnlich gering. Dabei ist es mir schon oft passiert, das die Qualität von solchen Schnitten oder Stoffen mehr als zu Wünschen übrig lässt.
Die praktische Konsequenz dieser Erfahrung ist, dass ich die meisten Probenäh-Blogposts gar nicht mehr lesen mag. Steht doch eh überall das gleiche drin.
ja, da gebe ich dir recht. vom perfekten nähen habe ich mich weitestgehend auch verabschiedet. vorletztes jahr gab es dazu auch zwei einträge zu meiner sehr liebgewonnenen kruschteligen decke. wobei ich oft das gefühl habe, dass macken in nähstücken gerne entschuldigt werden, als als teil des wunderbaren handgemachten anzusehen...
Löschenliebe grüße,
jule*
Hallo Jule!
AntwortenLöschenDein Blog ist authentisch und das macht ihn aus. Ich lese ihn gern und oft.... und das soll gerade deshalb so bleiben!
Viele Grüße
Susi
dankesehr!
LöschenToll geschrieben, liebe Jule
AntwortenLöschenauch ich bin lieber in "normalen" Blogs unterwegs
und kaufen werde ich auch nur das, was ich gerne möchte.
Allerdings finde ich es gut, wenn mir zB. ein Schnitt gefällt,
es dann auch darunter steht und ich ihn so schneller finden kann,
als noch mal einige Mails zu schreiben,
oder im Blog nachzuschauen, ob vielleicht eine Antwort
zu meinem Kommentar geschrieben wurde.
Da hab ich ehrlich gesagt zu wenig Zeit.
Mach weiter so, wie du es denkst und für dich richtig ist,
ich werde trotzdem öfters mal vorbeischauen.
Liebe Grüße
Nähoma
ich fürchte das mit zu wenig zeit ist so ein phänomen unserer zeit... ich nehme mir gerne zeit für meine projekte. vom hirngespinst bis zum fertigen stück vergehen bei mir manchmal monate. ich denke immer: wenn ich schon den luxus habe, dinge selbst machen zu können, dann sollte es nicht ausgerechnet an zeit mangeln, um meine idee im kopf zu entwickeln. und wie ich schon sagte: manchmal entspringen aus der mailerei ganz wunderbare dinge. aber jeder das ihre und so ;)
Löschenliebe grüße,
jule*
Liebe Frau Jule!
AntwortenLöschenDas hast du sehr schön geschrieben, sehr treffend scheint mir.
Ich selber bin noch sehr trudelig im Bloggerleben unterwegs, schreibe erst seit Kurzem und ändere meine Lesegewohnheiten ständig, immer auf der Suche nach ebendieser echten Inspiration und Ausschnitten aus dem echten Leben.
Dein Beitrag hier trägt mich wieder ein Stückchen weiter, mal sehen, wohin.
Danke dir!
Bea von Retrostoffwechsel
bitte und danke ;)
LöschenHallo Frau Jule!
AntwortenLöschenAuf Deinen Blog bin ich gestoßen, durch den Sieben Sachen Sonntag. Die Idee, eine Art Übersicht von Blogs (ist das die Mehrzahl? *lol*) zu haben und direkt darauf zugreifen zu können ist super. Aber mir ist leider auch aufgefallen, dass viele versuchen eine Art sterilen Blog zu gestalten. Diese Art von "perfekter Blog" ist auch nicht meins. Das ist so unnatürlich, finde ich. Das Leben ist bunt und nicht nur weiß und grau. Daher fand ich Deinen Blog so toll. Viele bunte Farben, viele bunte Stoffe und viele bunte Ideen! Danke dafür!
Ich werde weiterhin täglich auf Deinem Blog vorbei schauen und mir stundenlang deine Post (egal ob neu oder alt) anschauen und durchlesen. Deine Inspirationen ist toll!
LG Lu
ach danke, du gute!
LöschenIch habe gestern ein Weilchen überlegt, was ich zu diesem klugen Blogpost schreiben könnte, aber mir ist immer noch nichts besonders kluges eingefallen.^^
AntwortenLöschenJedenfalls: Ich habe mittlerweile die meisten "sterilen" Erfolgsblogs aussortiert, weil sie zwar hübsch anzusehen sind, aber so weit von meinem eigenen Leben entfernt zu sein scheinen, dass sie mich auch nicht mehr besonders inspirieren.
Ich gucke lieber authentischen Menschen dabei zu, wie sie sich durch Projekte wurschteln und dabei vielleicht auch mal scheitern, oder auch mal eine krumpelige Naht am Ende übrig bleibt, wo das Licht auch mal einfach kacke ist usw. - da kann ich für mich selbst einfach mehr mitnehmen. Btw finde ich, dass du hier sehr schöne Bilder zeigst! ;)
Ach ja, und was Gesellschaftskritik betrifft: Gerne. Ich find das (meist) ziemlich interessant zu lesen. Auch in DIY-Blogs.
Liebe Grüße,
Sabrina
merci! es sind auch schon ein paar gesellschaftskritische dinge am ende der hirnwindungen angekommen. mal sehen, wann ich sie in den computer gehackt bekomme.
Löschenliebe grüße,
jule*
Unperfekt ist für mich immer perfekt,alles andere ist inszeniert - hat natürlich auch etwas. Mach weiter so, ich fühle mich bei dir sehr wohl. Lg Uli
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