Freitag, 2. Dezember 2016

Schlüsselbänder und die kleinen Freuden


 Ich bin durchaus ein Mensch, der an die Wirkung der kleinen Dinge im Leben glaubt. Aber manchmal vergesse ich das einfach. Wie gut, wenn man dann Menschen im Umfeld hat, die einen daran erinnern. Ich habe Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis die nicht nähen (die soll es ja irgendwo auch noch geben). Wenn ich diese Menschen besuche, dann bringe ich gerne kleine Geschenke, als Dank für die Einladung, das Dasein, das Zuhören oder was auch immer mit. Vor allem bei den Nichtnähenden sind das häufig Schlüssebänder. Übrigens auch immer ein tolles Geschenk für gerade Umgezogene.


 Vergangenen Sommer war ich in einem der Hamburger Vororte eingeladen, wohin es Bekannte verschlagen hatte. Ich hatte Schlüsselbänder zum Umzug mitgebracht. Eine Kleinigkeit. Ich nähe sie schnell, kann kleine Stoffreste abbauen, keine große Sache. Diese Schlüsselbänder kamen großartig an und wurden hart abgefeiert. Ich war entzückt, aber auch ein wenig verwirrt. Vollkommen gerührt wurde ich dann, als der Gastgeber mir sein altes Schlüsselband unter die Nase hielt. Es war ein von mir genähtes, das nach Jahren aus nicht mehr als dem Webband bestand, welches ich damals darauf genäht hatte. Der Trägerstoff hatte sich komplett aufgelöst. Aber es war noch in Gebrauch. Ein paar Wochen später rief er an, nur um mir zu erzählen, dass sein neues Schlüsselband jetzt die Zugangskarte für die Forschungseinrichtung trägt, in welcher er arbeitet. Viele seiner Mitarbeitenden würden ihn schwer um das bunte Schlüssekartenband beneiden. Ich sollte einen Laden in dieser Forschungseinrichtung eröffnen, oder wenigstens mal einen paar Bänder vorbeibringen. Hachz.


 Als ich mich am Sonntag mit einem alten Kumpel aus Frankfurt zum Konzert traf, fragte er nach einiger Zeit, ob ich in meiner Vorratskammer noch ein paar Schlüsselbänder hätte. Die letzten von mir wären schon ziemlich durch. Ich musste ihm leider sagen, dass nicht. Da wir aber am nächsten Abend nochmals verabredet waren, suchte ich ein paar Stoffreste zusammen, hockte ich mich flott hinter die Maschine und hatte schwuppdiwupp die Vorratskammer wieder aufgefüllt. Abends brachte ich ihm eine kleine Auswahl mit und zwei Schlüsselbänder fahren demnächst nach Frankfurt. Man vergisst zu häufig die Macht der kleinen Dinge. Und Schlüsselbänder sind doch eigentlich wirklich eine famose Sache: Man hat sie jeden Tag mehrfach in der Hand, sie bringen Farbe in den Alltag. Wenn sie aus der Tasche baumeln, auch für andere. Und bisher war niemand zu cool, um sich nicht darüber zu freuen und die guten Stücke auch wirklich zu nutzen.


 Ich habe bei dieser kleinen, feinen, beseelten Aktion mal ein paar Karabiner von diesen hässlichen Kaufschlüsselbändern recycelt. Ich bekomme diese fiesen Bänder öfter mal mit Fotopässen. Blöderweise sind mir auf halbem Weg die Labels ausgegangen. Ein paar halb fertige Bänder liegen jetzt noch hier rum und warten auf den Umschlag mit dem Labelnachschub. Aber ich habe mal kurz den Glauben an die Macht der kleinen Dinge wieder gefunden. Wenn das mal nicht ein Grund für den Freutag ist.

6 Kommentare:

  1. Ach wie schön! <3
    Diese kleinen Freuden sind wirklich toll - genau wie deine Schlüsselbänder. :)

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  2. oh, das sind aber schöne geschichten. haben mich beim lesen zum lächeln gebracht. auf viele weitere kleinen freuden!
    lieb grüßt lisa*

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  3. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass es gerade die kleinen Dinge sind, die wirklich mächtig sind. Jemand hat mal gesagt "Wer immer einen Porsche braucht, um sich zu freuen, freut sich ziemlich selten." Ich persönlich freue mich ja lieber deutlich öfter. :D

    Liebe Grüße,
    Sabrina

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    1. weise gesprochen! ich freue mich auch lieber öfter.
      liebe grüße,
      jule*

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