Donnerstag, 16. Februar 2017

Pfefferkuchen für mich und gegen Dummfug


 Heute geht es um Folgendes: Wie gehe ich mit dummen Kommentaren zu meiner Lebensweise um? In meinem Leben musste ich mir ja schon eine ganze Menge Quatsch zu meinem Lebensstil anhören. Teilweise harte Angriffe, teilweise dumme Äußerungen, teilweise werden mir die Widersprüche, die sich bei meinem Lebensstil so finden lassen auch direkt unter die Nase gerieben und als Fehler ausgelegt. Wie das so aussieht? Kann ich gerne ausführen:

1. Veganismus:

 "Vegan lebende essen meinem essen das Essen weg."
 "Für die Sojaproduktion wird der Regenwald abgeholzt."
 "Pflanzen haben auch Gefühle."
 "Willst du Tieren, Inuit und den Menschen in der Mongolei dann auch verbieten, Fleisch zu essen?"
 "Ich esse auch nur ganz wenig Fleisch."
 "Der Mensch ist ein Allesfresser/Jäger/Fleischfresser/das Ende der Nahrungskette/irgendwas mit Reißzähnen oder der Bibel."
 "Wenn es keine Mastanlagen gäbe, dann könnten sich die schlecht bezahlten Menschen kein Fleisch leisten." 
"Wenn Kühe nicht gemolken werden, platzt ihnen der Euter."
 "Wenn man alle Tiere aus Mastanlagen frei lassen würde, dann würden die alle sterben."
 "Hilft ja auch nicht gegen den Welthunger."
 "Aber ein paar Vitamine musst du dann doch mit Pillen einwerfen? Das ist doch unnatürlich." 

2. Kritischer Konsum/ keine Klamotten kaufen:

"Dann aber Chucks tragen. Wie inkonsequent."
"Die Stoffe die du vernähst, sind aber auch nicht fair."
"Wenn du selber nähst, nimmst du Menschen die davon leben, die Lebensgrundlage."
"Und was machen dann Menschen, die nicht selber nähen/werkeln/basteln können?"

3. Müllreduktion:

"An deinen Schuhen ist Plastik."
"Warum kaufst du dann noch Sojamilch im Tetrapack?"
"Den meisten Müll produzieren die Entwicklungsländer." 

4. Inklusion/Sonderpädagogin sein:

"Aber diese Menschen brauchen doch Schutzräume."
"So manch ein Behinderter will das vielleicht gar nicht."
"Behinderte Lernende senken das Lernniveau."
"Also ich könnte das ja nicht."

5. Antifaschismus:

"Das wird man wohl noch sagen dürfen."
"Ich bin ja kein*e Faschist*in, aber...."
"Wir haben Meinungsfreiheit und du willst denen ihre Meinung verbieten?"

6. Keine Kinder:

"Erwarte bloß nicht, dass die Kinder anderer sich im Alter um dich kümmern."
"Irgendwas mit biologischer Aufgabe der Frau."

7. Feminismus:

"Aber es gibt doch keinen Sexismus mehr."
"Das war ein Kompliment und kein Sexismus, stell dich nicht so an." 
"Irgendwas mit Gebähr- und Aufzuchtaufgabe der Frau/Männer können nunmal keine Kinder bekommen/unterschiedlicher Hirnstruktur."
"Männer und Frauen sind vor dem Gesetz gleich."
"Aber du findest Geschlechtskonstruktivismus doch scheiße."

8. Grundsätzlich:

"Selber Toleranz für deinen Lebensstil fordern, dann aber total intolerant gegenüber den Lebensstilen von anderen/mir sein." 
"Man muss sich den schönen Dingen des Lebens zuwenden." 
 

  Früher hat mich das wirklich genervt. Ich finde das ja mittlerweile eher erheiternd. Es ist immer wieder schön zu sehen, was die Menschen so alles wissen oder nicht wissen. Vor allem im Hinblick auf Veganismus kann ich jegliches Bullshitbingo zum Thema vorwärts, rückwärts und seitwärts aus beiden Richtungen 230948 Mal abhaken. Dabei bin ich durchaus auch schon seit Jahren nicht mehr auf dem Missionierungstrip. Das habe ich abgehakt, weil es nervig und anstrengend ist und meistens nichts bringt. Das Anstrengendste daran, so wenig Arschloch wie möglich zu sein, sind immer solche Kommentare, nicht das machen. Für viele Menschen ist nämlich das alleine der Versuch etwas zu tun, schon ein Angriff auf ihre Lebensweise, was sie dann häufig zu den oben genannten Kommentaren treibt.

 
 Dass sich an mir hin und wieder mal Hinweise auf meine Lebensweise finden, lassen bestreite ich gar nicht. Shirts, Aufnäher und Buttons finde ich in dem Zusammenhang nicht missionierend. Das ist so wie Bandshirt tragen: Erkennungszeichen für andere Fans. Oder so. Reicht aber auch schon oft, um mir Missionierung zu unterstellen. 

 
 Aber mal jetzt den ganzen Quatsch beiseite. Was mir seit einiger Zeit die Nerven bei solchen Kommentaren ziemlich beruhigt, ist die Tatsache, dass ich eigentlich keine Lust mehr habe, mich mit Dummschwätzenden auseinanderzusetzen. Ich bin da auch recht emotionslos und kann solche Menschen einfach stehen lassen. Mal im Ernst: Man könnte sich auch mal überlegen, welchen persönlichen Nutzen ich davon hätte, wenn sich in der Gesellschaft irgendwas zum Besseren ändert? Denn mir geht es doch eigentlich super, ich liebe mein Leben. Ich bin gesund, habe einen sehr guten Freundeskreis, einen guten Job, ein Dach über dem Kopf, einen gefüllten Kühlschrank und auch was in der Birne. Ich könnte supergeil "work hard, party hard" machen, wahlweise auch nur "party hard" und es würde niemanden jucken. In Anbetracht der Tatsache, dass ich keine Kinder möchte, muss ich mir auch um deren Zukunft keine Gedanken machen. Mal im Ernst: Was sollte mich die Zukunft von anderen und deren Kindern interessieren? Vor allem von denen, die mir ständig diesen ganzen Bullshit an die Birne werfen? Und trotzdem mache ich was. Man könnte sich fragen, wer hier dumm ist....

 Und ich könnte ja auch so einen Wohlfühllifestyleeskapismusblog betreiben. Zum Beispiel mit meinem allerliebsten Pfefferkuchenrezept. Von diesen Pfefferkuchen haue ich derzeit ordetlich was weg. Bitte hier:
Pfefferkuchen
150g Margarine
365g Zucker
1/8l Zuckerrübensirup
1/8l Wasser
je 1EL Zimt-, Ingwer-, Kardamon-, Nelkenpulver und Backpulver
900g Mehl

Margarine zusammen mit dem Sirup und dem Wasser in einem Topf schmelzen. Zucker und Gewürze einrühren. Diese Mischung in einer Schüssel mit dem Mehl  und Backpulver vermengen. Das geht am besten mit den Händen. Den Teig in Frischhaltefolie wickeln und über Nacht im Kühlschrank lagern. Am nächsten Tag aus dem Kühlschrank nehmen, sehr dünn ausrollen und Kekse ausstechen. Die Kekse bei 225°C ca. 7-10 Minuten im Ofen backen. Sind vegan, schmecken aber trotzdem.


 Man muss die Menschen einfach da abholen, wo sie stehen. Ich kenne übrigens wirklich Menschen, die mit vollem Bewusstsein nach dem Motto "no future" leben. Die haben etwa zur gleichen Zeit wie ich geschnallt, dass sie in diese Welt keine Kinder setzen möchten. Auf der anderen Seite haben sie auch gemerkt, dass sie alleine die Welt nicht ändern können, auch wenn sie um all den Mist wissen. Die gehen heute fröhlich shoppen, jetten hier und dorthin in den Urlaub, essen Fleisch aus Einwegmitnehmverpackungen und machen wirklich "work hard, party hard". Sie würden auf keine Demo gehen. Nicht weil sie Nazis oder sowas voll in Ordnung finden, sondern, weil man einfach was besseres/anderes mit seiner Zeit anfangen kann. Das finde ich ziemlich konsequent und manchmal auch irgendwie bewundernswert. Auf der anderen Seite pissen sie aber auch niemandem an den Karren oder versuchen z.B. Menschen wie mir den Lebensstil zu versauen. Ich nenne sie meine Lieblingsassis und ich bin sowas wie ihr Lieblingsökopunk. Und wir können zusammen Spaß haben, weil es da einfach keine Widersprüche gibt. Von solchen Beziehungen und Lebensstilen können sich ein paar Menschen gerne mal eine Scheibe abschneiden. Ich hätte ein paar über und meine Lieblingsassis sicherlich auch. Ich kann die Werte, die mir wichtig sind manchmal nicht verteidigen, aber leben kann und werde ich sie immer. Und über Bullshitkommentare freue ich mich einfach nur noch und esse dabei leckere Pfefferkuchen. Nur für mich allein.

12 Kommentare:

  1. ich habe gerade aus versehen den kommentar von astrid (https://plus.google.com/102977202548678593330) gelöscht, aber die benachrichtigungsmail war noch da. astrid schrieb:

    Ein toller RUMS - Beitrag! Und ich freue mich, dass du kein "Wohlfühllifestyleeskapismusblog" bist, denn von denen gibt es genug ( und das dürfen sie auch, ich missioniere auch nicht mehr ). Wichtig ist, dass es für einen selbst stimmt, das, was man lebt. Ich bin in vielerlei Hinsicht sicher nicht so konsequent wie du und habe lange gebraucht, meine Widersprüche zu akzeptieren und mich nicht mehr durch andere zurechtbiegen zu lassen, aber der Grundtenor ist: kein Arschloch sein. Für mich ist es in Ordnung, ein Gutmensch zu sein.
    LG
    Astrid

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    1. liebe astrid,
      entschuldige bitte mein aus versehenes löschen deines beitrags. und richtig. danke! ich denke auch oft, ich bin zu alt für den mist, den mir manche menschen aufdrängen wollen. und in was für einer welt leben wir eigentlich, in der "gutmensch" eine beschimpfung darstellt...
      liebst,
      jule*

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  2. Guten Appetit, liebe Jule!

    Ich find's gut, dass du diese Kommentare mittlerweile mit mehr Gelassenheit anhören kannst. Mir stellen sich da immer noch die Nackenhaare auf - und ich lebe noch nicht mal vegan. Trotzdem möchte ich oft irgendwelche Omnis schütteln, wenn sie unter einem vgeganen Rezept Kommentare hinterlassen, dass sie nicht missioniert werden möchten und überhaupt sei Fleischessen total natürlich. Aber schütteln verdeutlicht dieser Art von Kommentierenden vermutlich den Widerspruch auch nicht. Graaah!

    Liebe Grüße,
    Sabrina

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    1. atmen ;) und auch du wirst es noch lernen. sonst bekommt man früher oder später noch ein magengeschwür.
      liebst,
      jule*

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  3. Eine großartige Kommentarsammlung, die du da (vermutlich?) aus dem Handgelenk geschüttelt hast. Immer wieder erstaunlich, _was_ sich andere so herausnehmen wenns ums Kritisieren geht...

    Dann doch lieber Kekse essen. In diesem Sinn: Vielen Dank für das Rezept! :D

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    1. aus dem ärmel schütteln musste ich mir da nichts. teilweise sind das ja auch kommentare, die man in den kommentarspalten unter meinen beiträgen hier im blog lesen kann. manifestiert bis ich ihn platt mache.
      lass dir die kekse schmecken.
      liebe grüße,
      jule*

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  4. Oh, ich kann dich sehr gut verstehen, man will sich auch oft gar nicht rechtfertigen müssen oder was erwidern. Schön wären so passende Antwortkärtchen, die man lässig aus der Tasche zieht und überreicht.
    Am meisten musste ich über 'Ich ess auch nur ganz wenig Fleisch' lachen, das kommt gefühlt jedes mal wenn jemand erfährt das ich keins esse.
    Das mit der Sojamilch im Tetrapack (statt Pflandflasche) stört mich persönlich aber auch sehr, müsste man sich mal an einen Hersteller wenden, da gibt es doch einen Absatzmarkt für.
    Übrigens bin ich ganz schön neidisch auf deinen Moomin-Ausstecher.
    Viele liebe Grüße,
    Steph

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    1. antwortkärtchen. eine wunderbare idee. zum veganismus und zur inklusion habe ich ja sogar mal bullshitbingos gebastelt. irgendwo findet man die hier auf dem blog.
      irgendwann habe ich mal gelernt, dass die umweltfreundlichste alternative zu pfandflaschen der plastikschlauch ist, da pfandflaschen aufbereiten und transportieren wohl schädlicher ist als ein bisschen schlauchplastik... zudem gehört meine lieblingssojamilch jetzt zu so nem multiarschkonzern... um was man sich nicht alles den schädel zerbricht/ zerbrechen kann...
      liebe grüße,
      jule*

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  5. nicht nur gutmensch ist ein schimpfwort, auf der schule (gymnasium in kleinststadt) meines sohnes hört man, wie die kinder sich "schwul" und "behindert" schimpfen... da bin ich dann gerne warmduscher(in) oder um es mit hagen rether zu sagen: na klar dusch ich warm, wie denn sonst? in diesem sinne: bleib so entspannt, auch wenns oft genug schwer fällt. oooohm koni

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    1. ach du, diese schimpfworte hört man nicht nur dort auf dem schulhof. an meiner letzten schule habe ich irgendwann die "schimpf-korrekt-truppe" gebastelt. meine lernenden waren dann immer fleißig auf dem schulhof unterwegs. das war herrlich anzusehen. schade, dass es so vielen lehrenden egal ist....
      das mit dem warmduschen finde ich super! ach hagen...
      liebst,
      jule*

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  6. Jule,
    Du machst alles richtig! Denn für dich ist es genau die richtige Lebensweise, und darauf kommt es an. Gut, dass Du diesen Kommentaren mittlerweile mit Humor entgegentreten kannst - an solche Dumpfbacken sollten wir so wenig Energie wie möglich verschwenden. :)
    Liebe Grüße
    Antje

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    1. es ist ja nichtmal humor. irgendwie. einfach eine gepflegte scheißegalhaltung. voll punk und so *lach*
      liebst,
      jule*

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