Mittwoch, 30. November 2016

Novemberliteratur 2016


 Am Ende des Monats immer (wenn ich es schaffe) ein kurzer Rückblick auf Literatur, die den Weg durch meine Augen in meinen Kopf gefunden hat.
 Und diesen Monat gab es eine ganze Menge Futter für den Kopf.


 Beim Werkeln habe ich diesen Monat Joachim Meyerhoff zugehört. Er las ziemlich theatralisch aus seinem eigenen Buch. Live. Teilweise habe ich die Lacher des Publikums allerdings nicht wirklich verstanden. Vermutlich habe ich einfach einen anderen Humor. Ich fand es einmal mehr ein sehr liebevolle Geschichte. Joachim Meyerhoff schildert sein Leben während seiner Schauspielausbildung bei den Großeltern. Dabei erzählt er auch Geschichten aus seiner Kindheit, welche ein großartiges Bild von diesen etwas schrulligen, aber fantastischen Großeltern und seiner restlichen Familie zeichnet. Ich habe dem ganzen sehr gerne gelauscht.


 Das diesmonatliche Buch, dass wir im Lesekreis gelesen haben. Eine faszinierende Geschichte. Eine Freundschaft, die zu irgendwie so etwas wie Liebe wird. Eine schräge aber verlässliche Beziehung wird hier gezeichnet. Eine Geschichte, was Krieg und frühe Verwaisung und ein Haufen Schicksalsschläge mit einem Menschen machen kann. Dabei wurde es aber niemals irgendwie absurd oder vollkommen unerträglich (wahlweise bin ich schon so abgestumpft). Es war etwas holprig hineinzukommen, doch zwischen den Seiten dieses Buches verbergen sich eine Menge Perlen aus Sätzen und Worten.


 Sohn und Enkel erzählen die Geschichte des Menschen Albert. Vater und Großvater, dessen Leben massiv von der Zeit des zweiten Weltkriegs und der Naziherrschaft geprägt ist. Wie ein Krieg und politische Umstände einen Menschen prägen. Ein hartes Leben, das Widerstand füttert. Fast schon eine sehr passende Ergänzung zu dem vorrangegangenen Buch. Dazu fein mit Zeichnungen und handgeschriebenenen Texten und Fotos illustriert. Geht nahe.


 Der Besuch der Touchdown Ausstellung hat vermutlich dafür gesorgt, dass ich den gesamten Monat nicht mehr so richtig von dem Thema Inklusion losgekommen bin. Den Ausstellungskatalog habe ich mir vor Ort auch gleich besorgt. Sehr spannend und lehrreich. Vor allem fand ich es schön, die Texte zu den Exponaten nochmal in Ruhe lesen zu können. Ich würde meinen Arsch drauf verwetten, dass dieses Buch im Unterricht zum Einsatz kommt, wenn ich mit meinen Lehrenden die Themen "Behinderung" oder "Inklusion" behandeln werde.


 Mit Antje war ich bei einer Lesebühne in Lüneburg. Ein herrlicher Abend. Ninia hat auch dort gelesen. Ich habe mich vor Ort schnell und heftig in ihr Lachen auf der Bühne verliebt. Ich habe schon selten niemanden mehr so herrlich Lachen gehört wie sie. Natürlich musste ihr Buch mit und signiert hat sie es mir freundlicherweise auch noch. Kurze Geschichten und Gedichte. Teilweise herrliche absurd, teilweise erschütternd real. Ich habe die Geschichten nur so weggeschlürft und abgefeiert. Und ich mag heute mal die Zitatekeule schwingen. Ninia schreibt in "Nichts ist egal": "Ich möchte, dass alle Menschen wütend sind. Ich möchte, dass du aufstehst und einfach mald arüber nachdenkst, was hier eigentlich abgeht. Halt an. Hör auf Zeitung zu lesen und geh raus in die Welt. Sprich doch mal mit den Hinterbliebenden, den Opfern und Leidenden. Und hör auf, immer nur Berichte über die Bösen zu schauen." Weise und laut gesprochen. Ich bin Fanin! War ich eh schon, aber das darf ich ja auch mal hier schreiben. Einen Blog hat diese großartige Frau übrigens auch *klick*.


 Dieses Buch lag hier auch schon einige Zeit unangetastet rum. Aber wo ich gerade bei Bloggerinnen, die Bücher schreiben war, konnte ich mir als nächstes auch dieses reinfahren. Ich habe die ekelhafte Angewohnheit beim Lesen Eselsohren in Seiten zu knicken, auf denen etwas großartiges steht. Dieses Buch hat jetzt ziemlich viele Ohren. Viele Ideen, über die ich hier vermutlich in absehbarer Zeit nochmal laut nachdenken werden, einige Fragen, die Laura aufgeworfen hat. Behinderung, Nichtbehinderung, Diskriminierung, Inklusion.... Zudem mag ich ihren Schreibstil sehr. Sie nimmt einen mit in ihr Leben, eröffnet neue Blickwinkel, immer mit einer unfassbaren Kraft, ohne die Mitleidskeule zu schwingen. War auch noch nie ihr Stil. Schon auf ihrem Blog mochte ich ihre Wortgewandheit. Davon hätte ich auch gerne ein paar Scheiben.


 Man könnte meinen, ich hätte im vergangenen Monat eine eingeschränkte Themenauswahl im Hinblick auf Literatur getroffen. Aber dieser ganze Themenkomplex macht die Gedanken und den Geist unfassbar weit. Finde ich. Berichte aus realen Leben durchbrechen immer Gedankenwände. Diesen Monat erschien das Buch von Mareice. Noch eine Bloggerin aus meinem kleinen Universum, deren Schreibstil und Geschichte ich schon länger folge. Und auch dieses Buch hat nun eine ganze Menge Eselsohren. Gedankenanstöße. Bergeweise. 
 Grundsätzlich sei vor allem zu den letzten drei Büchern zu sagen, dass ich alle paar Seiten einen dicken Kloß im Hals hatte. Ich weiß nicht, ob ich in letzter Zeit so nah am Wasser gebaut bin, was dieses Thema angeht, oder ob diese Bücher mich einfach so berührt haben. Und dieses Augenwasser hatte unterschiedliche Ursachen. Da gab es Wasser aus Mitgefühl, aus Wut, aus Selbsterkenntnis. Es ist mir ja keine vollkommen fremde Welt, aus der diese Frauen (!!!) ihre Bücher geschrieben haben. All das was sie beschreiben, durfte ich auch schon aus nächster Nähe beobachten und selbst erleben. Ich würde mir wünschen, dass viele Menschen solche Bücher lesen. Und zwar nicht nur, weil sie als Betroffene daraus etwas ziehen können, sondern weil es so wichtig ist, um diese Dinge zu Wissen. Von Behinderung, Diskriminierung, dem Wert von Begegnungen und Inklusion undundund. Und weil sie Anschub sein können, für etwas anderes zu kämpfen. Ninia, Laura und Mareice sind in meinem kleinen Inklusionsuniversum sicherlich sowas wie Popstars. Nächsten Monat habe ich mir schon Raúl Krauthausens Buch auf die Leseliste gesetzt. Und demnächst mache ich mir mal Gedanken darüber, warum sich gefühlt mehr Frauen mit diesem Themenkomplex laut und öffentlich auseinandersetzen.... Lest das!

6 Kommentare:

  1. 'Alles inklusive' habe ich gestern im Buchladen bestellt. Im Januar liest Mareice in Köln, worauf ich mich sehr freue.

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    1. dann wünsche ich dir einen feinen abend bei ihrer lesung. ich werde zu ihrer lesung kommende woche in hamburg gehen und bin sehr gespannt.
      liebe grüße,
      jule*

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  2. Oh, von Lena Gorelik wollte ich schon länger etwas lesen. Sie ist ein paar Stufen über mir an meiner Schule gewesen und hatte die Schülerzeitung vor unserer gegründet.

    Die anderen Bücher klingen wie üblich auch spannend - und erinnern mich an den Post über meine Lieblingshörbücher, den ich seit geraumer Zeit vor mir herschiebe.

    Liebe Grüße,
    Sabrina

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    1. nicht schieben. er wird kommen, wenn er kommen will. viel spaß beim lesen von lena gorelik. ich war zwischenzeitlich ein bisschen geschockt, dass die meisten autorinnen nur ein jahr älter waren als ich. evtl. sollte ich auch mal ein buch schreiben oder so *lach*
      liebe grüße,
      jule*

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  3. Liebste Jule,
    Nach tagelangem Kotze wegmachen, Klo schrubben und Wäsche waschen, habe ich mir heute früh extra Zeit genommen, um mich bei dir auf den neuesten Stand zu lesen. Über deine diesmonatige Leseliste hab ich mich sehr gefreut, nein ich war und bin schwer begeistert. Der Zufall wollte es, dass heute vormittag noch eine Besorgung im Buchladen anstand. Dieser ist zwar ein Teil einer größeren Kette, aber immerhin kaufe ich vor Ort. Wollte sogleich nach Laura Gehlhaars Buch fragen, das war aber nicht da, was mich schon bissle gewundert hat, denn immerhin ist das Buch ja sehr neu und der Buchladen kein kleiner. Ich fragte nach anderen Büchern zum Thema Inklusion, Menschen mit Behinderung und so weiter. Nix. Nada. Niente...
    Ich bin ehrlich gesagt darüber schokiert. Muss nächste Woche mal regerchieren, wie es in unseren anderen beiden großen Buchhandlungen aussieht. Ich finds schlimm. Ich schlendere gerne durch Buchhandlungen und gucke einfach und lasse auf mich wirken. Aber mir scheint fast, als würde da was fern gehalten, was in deren Augen 'nicht jedermanns Sache' ist. So kann dieses wichtige Thema auf niemanden wirken. Zum Kotzen. Wo wir schon wieder beim Thema wären.
    Frau Gehlhaars Buch hab ich mir trotzdem bestellt. Und freu mich drauf.
    Danke für die Vorstellung dieser drei tollen Frauen und Bücher.
    Die anderen beiden werden bestimmt auch noch bei mir landen.
    Sei herzlich gegrüßt, Angela

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    1. ach du gute. ich fühhle mich gerade sehr geschmeichelt, dass du deine kleine qualitytime mit meinem blog füllst. hach.
      und zu den büchern: ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich, wenn ich gezielt bücher haben will, immer direkt zum bestellschalter laufe und bestelle. egal, ob große buchhandlungskette oder kleiner buchladen. egal ob roman oder gesellschaftliche themen. in den letzten jahren ist es exakt EIN mal passiert, dass ein buch vorrätig war, dass ich gesucht habe. spricht für mich und die themen, die ich in die welt hinausposaunen will. ich verweise alleine auf das label inkluWAS, das du ja auch kennst. das trifft es schon sehr gut.
      so, aber jetzt wünsche ich dir ein bisschen mehr angelazeit, damit du die ruhe findest, das buch zu lesen.
      liebst,
      jule*

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