Dienstag, 27. September 2016

Ich habe keinen Onlineshop


 "Hast du auch einen D*W*nd*shop?" 
 Das ist so eine Frage, die ich oft gestellt bekomme, wenn ich Menschen kennenlerne und die rausfinden, dass ich gerne und viel selbst mache/ nähe. Nein, ich habe keinen und ich plane auch nicht, einen zu eröffnen. Häufig fragen Menschen dann nach dem "Warum?". Das zu begründen ist mir ein leichtes.


 Ich illustriere das meinen direkten Gegenübers immer gerne anhand der selbstgenähten Dinge, die ich gerade an und/oder bei mir trage. Heute nehme ich hier mal diese Kinderhalstücher.  Meine Schwägerin hat sie sich für ihre Söhne gewünscht. Vor allem kleine Kinder sabbern ja gerne. Vor, während und nach der Zahnwuchsphase. Damit da nicht ständig die Oberbekleidung gewechselt werden muss, sind solche Halstücher ja ganz praktisch. Für die gewünschten hier, habe ich kleine Reste aus meinem Fundus auf den Kopf gehauen.


 Wenn ich mal kurz im einschlägig bekannten Marktplatz für handgemachtes nachschaue, was man für solche Halstücher berappen muss, dann lande ich bei Preisen zwischen fünf und 15 Euro. Die 15 Euro kann ich vielleicht noch verstehen, alles darunter verwirrt mich total. Ich habe mal überlegt, welche Arbeitsschritte bis zum fertigen Halstuch alle durchlaufen werden müssen, wenn man sie nicht wie ich aus Resten zaubern möchte.
 1. Stoff kaufen; 2. Stoff vorbereiten (waschen, trocknen, evtl. bügeln); 3. Zuschneiden; 4. Stecken #1; 5. Nähen #1; 6. Wenden; 7. Stecken #2; 8. Nähen #2 (Absteppen); 9. Evtl. nochmal bügeln; 10. Druckknöpfe anbringen. Labels anbringen habe ich mir in meinem Fall geschenkt. Da ich meine Reste einfach wegbraten wollte, sind es bei mir 25 Stück geworden. Die Zeit habe ich nicht gestoppt, doch fünf Euro wären mir für ein solches Halstuch definitiv zu wenig. Da ist mir meine Lebens- und Arbeitszeit mehr wert. Allerdings frage ich mich dann wiederrum, wer 15 Euro für ein solch kleines Halstuch ausgibt? Am Ende soll das gute Stück bitte noch "individualisiert" werden, Namen oder Initialen draufgestickt/ -genäht.... Das heißt dann eben auch Anfragen bearbeiten. Dazu noch Zahlungseingang kontrollieren, Waren einpacken, verschicken... Am Ende beschwert sich noch jemand, dass eine Naht krumm ist. Never ever! Und wieviele Menschen beschweren sich über die hohen Preise von handgemachten Dingen? In Zeiten von Möbel- und Klamottenschwede ist der Sinn für den Wert solcher Dinge vollkommen verloren gegangen. So kommt es mir zumindest oft vor. Für mich wäre ein solcher Shop mit zu viel schlecht bezahlter Arbeit verbunden. Ich kann ja nicht gegen fiese Arbeitsbedingungen von Menschen in der Textil- und sonst welcher Industrie sein und mir dann selbst Dumpinglohn zahlen, nur damit ich überhaupt etwas verkaufe. Keine Ahnung, warum und wie andere sich das antun, ich brauche das nicht. Grundsätzlich bin ich über die Preise für handgearbeitetes auf diversen Online- und Designmärkten viel zu oft geschockt. Darum habe ich keinen Onlineshop und verkaufe meine Werke höchstens an bekannte und befreundete Menschen. Das meiste wird verschenkt.


 Der Halstuchschnitt für meine Werke war erst ein Freebook. Nach diversen Änderungen war davon aber nichts mehr übrig. Ein Hexenwerk ist so ein Dreieckstuch ja nun nicht wirklich. Aber verkaufen möchte ich sie nicht. Ich habe ein paar für Kinder im Freundeskreis beiseite gelegt. Den größten Teil bekommt nun meine Familie. Auf zum fröhlichen und bunten Sabbern. Auch heute in der Dienstagssammlung.

20 Kommentare:

  1. Du sprichst mir mit deinem Post ja so aus der Seele! Ich stricke z.B. gern Socken und habe selbst mehr, als ich tragen kann. Weiterstricken möchte ich aber trotzdem gern, denn es entspannt so herrlich... Einige Leute haben mir auch schon vorgeschlagen, sie zu verkaufen - aber zu welchem Preis? Ich kaufe grundsätzlich nur Markenwolle, weil mich einfach die Qualität überzeugt (La. Gr.) und bezahle so für ein Knäuel ca. 7 €. An 4 Abenden stricke ich ein Paar Socken in Erwachsenengröße und ich finde, dass das schon nicht allzu lange ist. Soll ich die marktüblichen 15 € nehmen? Dann hätte ich einen "Lohn" von 8 €, sprich: 2 € pro Abend. Das Ausrechnen eines "Stundenlohns" erspare ich mir jetzt lieber. Nein, danke! Dann verschenke ich sie lieber an liebe Mitmenschen - Anlässe gibt es genug ;)

    Liebe Grüße
    Katrin

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    1. du hast absolut recht!
      liebe grüße,
      jule*

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    2. @Katrin: Vielleicht kannst du mit werkelnden Bekannten auch tauschen - zum Beispiel gegen handgesiedete Seifen oder Patchwork-Arbeiten oder so. Das mach ich immer gerne. :)

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    3. stimmt. ich tausche auch immer mit meinem tischler. genähtes gegen geschreinertes. ganz famos dem geldkapital ein schnippchen geschlagen.
      liebe grüße,
      jule*

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  2. This!
    Das kann ich nur dick und fett unterstreichen!

    Darum halte ich es genau so wie du. :)
    Und die Sabbertücher sind ganz nebenbei auch sehr hübsch geworden, vor allem so farbenfroh! :D

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  3. Sehr schön, und ja, du hst recht. Ich nähe "nur " für meine Familie und für den ein oder anderen Gescfhenke. Daher weiß ich wie viel Arbeit ein solches Stück ist. Aber wenn ich so manche Preise sehe muss auch ich gestehen, dass nicht bereit wäre diese Preise zu zahlen.

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    1. ja, das mit dem zahlen der preise habe ich auch. aber vielleicht ist das auuch etwas anderes, wenn man es selber machen kann. das ist bei mir einfach der grund, weshalb ich diese dinge nicht kaufe.
      liebe grüße,
      jule*

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  4. Du sprichst mir aus der Seele. Dem ist nichts hinzuzufügen.
    Liebe Grüße,
    Sabrina

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  5. Du sprichst mir aus der Seele!!! Das könnten genau meine Argumente sein. Liebe Grüße Maggy

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  6. Ich glaube, dass viele Leute, die ihre Sachen zu billig verkaufen, das Ganze als Hobby sehen und als Gelegenheit fröhlich zu werkeln, ohne dass die Wohnung verstopft und die Materialausgaben nicht wieder reinkommen. Dass sie damit die Preise für diejenigen kaputt machen, die ihre Arbeit auch wirklich als Arbeit sehen, nehmen sie vermutlich ebenso wenig wahr, wie die Tatsache, dass so beim Käufer kein Gefühl für den wirklichen Wert eines Artikels mehr entstehen kann.

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    1. ja, das ist wohl auch ein grund. ökonomie ist eine komplizierte sache...
      liebe grüße,
      jule*

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  7. Also zum einen weiß ich dass man diese Tücher zu Hauf braucht und wirklich ultra praktisch sind. Sind toll geworden. Deine Schwägerin wird sich freuen.
    Zum Anderen denke ich wie du.
    Ich habe auch keinen Shop oder irgendwas in der Art, weil ich festgestellt habe, dass niemand oder kaum jemand angemessen bezahlen will. Ich male ja auch viele Aquarelle. Es spielt dabei keine Rolle ob Stoff Kunst oder Papierkunst. Die meisten wollen es für lau. Und das bekommen nur die, die es wirklich wertschätzen und auch die Zeit und Arbeit anerkennen, die man investieren muss.
    Feine Woche dir! Angela

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  8. gut gebrüllt, Löwe :-)
    Ja, da fasst man sich wirklich manchmal an den Kopf. Aber auch meiner Freundin fällt es im privaten schwer, sich angemessen für ihre Arbeit entlohnen zu lassen, das ist wohl so ein Frauending, oder? Jedenfalls habe ich noch keinen Mann kennengelernt, der Stundenlang werkelt und sich dann kaum den Materialpreis zahlen lässt...
    liebe Grüße und eine schöne Woche

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    1. ja, ziemlich sicher hast du recht. wie war das mit frauen und der sogenannten carearbeit? die wird ja auch nicht bezahlt....
      liebe grüße,
      jule*

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  9. Liebe Frau Jule,
    eine handwerkliche Frage: Mit welchem Stich steppst du die Ränder am Schluss ab? Bei mir wellt sich leider der Stoff immer, wenn ich die Jersey-Sabberlätzchen absteppe (sogar mit Zwillingsnadelstich). Oder gibt es einen Spezialtrick dabei?:)
    lg*Julia

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    1. bügeln ;) ganz einfach. ich habe den normalen gradstich genommen. danach hilft bügeln. wenn nicht, evtl. den füßchendruck verringern?
      liebe grüße,
      jule*

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