Die Bahn ist morgens mein Lesesessel. So lese ich mich auf den Weg zur
Arbeit und auch zurück. Darum am Ende des Monats (wenn ich es
schaffe) eine kurze bibliothekarische Rückschau auf die Bücher in meinen
Händen, vor meiner Nase, durch meine Augen, in meinen Kopf.
Das Hörbuch des letzten Nähwahns. Eine bisweilen recht düstere Jugendgeschichte aus Ostberlin. Teilweise wohl etwas nostalgisch angehaucht, im großen und ganzen aber eher eine typische Jugendfreundschaftsgeschichte zwischen Kindern von unter der Arbeiterklasse und Parteifuntkionären. Dabei das Suchen nach dem Inhalt eines zufriedenen Lebens, Ausprobieren, Scheitern und weiter machen. Bei Hörbüchern bin ich mittlerweile sehr kritisch, was die Vorlesenden angeht. Sebastian Zimmler konnte ich sehr gut zuhören.
Gelesen für die Arbeit mit einem meiner Förderlernenden. Uns gefiel die Geschichte recht gut. Es geht um Jamie, der mit seiner Mutter seit kurzem bei seiner kranken Tante in der Wohnwagensiedlung lebt und sich mit dem Leben dort nicht zurechtfindet. Die Freundschaft zu Audrey deckt aber später sein düsterstes Geheimnis auf. Leider ist dieses düstere Geheimnis so um den heißen Brei herum beschrieben, dass Förderlernende es leider schwer fällt, zu verstehen worum es eigentlich geht. Ansonsten wäre das hier ein ganz famoses Buch für Kids zwischen 12 und 15. Ein weiterer Grund, weshalb ich diese "hauptsache ich habe mit tollen Wortspielen und Vergleichen gespielt" Geschichten nicht leiden kann. Sag doch einfach worum es geht. Einen dicken fetten Pluspunkt erhält dieses Buch aus pädagogisch, deutschfördernder Sicht für den Auftritt eines Autors in Jamies Schule. Das Kapitel werde ich demnächst immer Nutzen, wenn es darum geht, mit Lernenden Geschichten zu schreiben.
Es lief mir so über den Weg, als sich meine Gedanken gerade wieder tief in der Sinnhaftigkeit des Selbermachens vergruben. Ein Buch voller Anregungen rund um die Themen Wiederverwenden, Leihen statt kaufen, Upcycling und nachhaltigen Konsum. Grundsätzlich erstmal super und auch wirklich mal wieder ein feines Anstupsbuch. Für mich gab es leider wenig neues darin. Vermisst habe ich (wie in fast allen Büchern zum Thema) eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema, dass auch nachhaltiger Konsum, Konsum bleibt und oftmals nicht aus Notwendigkeit heraus betrieben wird. Ich könnte schon wieder einen eigenen Artikel daraus stricken. Kapitalismus, Konsum, Wirtschaft, Sklaverei, Freiheit. Ab in den Wortspeicher und dann vielleicht ein ander mal. Wer immer schon nach Möglichkeiten für weniger und nachhaltig gesucht hat, könnte in diesem Buch fündig werden, sollte aber auch nicht zu viel erwarten. Die meisten spannenden Adressen, auf die im Buch verwiesen werden, sind in Berlin (!!!) zu finden. Sagt ja auch schon wieder eine Menge aus.
Ich hatte da mal eine Bildungslücke zu schließen. Das anarchistischen rothaarige Mädchen meiner Kindheit und Jugend hieß Pippi und Zora war höchstens in den wenigen Fernsehminuten die mir zustanden mal präsent. Aber es ist ja nie zu spät. Jedenfalls habe ich nun die Geschichten der roten Zora und ihrer Bande auch in meinem Herzen und hatte nicht wenig Lust ganz schnell mal nach Kroatien zu reisen. Zudem war ich erstaunt, dass ein solches Buch im deutschsprachigen Raum 1941 erstmals erscheinen konnte. Nach einer minimalen Recherche lüftete sich das Rätsel und es stellte sich heraus, dass Kurt Held es im Exil in der Schweiz veröffentlicht hatte. Es war auf jeden Fall eine sehr wärmende Geschichte zwischen den ganzen Aprilregenhagelschneeschauern. Ich fürchte nur, dass Zora Pippi nicht vom Thron in meinem roten Herzen stoßen kann.
Ich wollte es dann doch mal wissen. Wie war Superman früher und wie hat er sich entwickelt? In diesem Buch kann man mit Superman durch seine Entwicklung reisen. Vom ersten Auftritt bis (fast) heute. Das fand ich schon recht spannend. Ebenfalls das Vorwort, welches die Idee zum ersten aller Superhelden fein erklärte. Allerdings muss ich dazu sagen, dass einige Geschichten sehr viele Lücken aufreißen und nicht schließen. Das ist ziemlich verwirrend und wirft mehr Fragen auf.
Clemens Meyer wollte ich an dieser Stelle schon fast unterschlagen. Ich hatte es schonmal gelesen und fand es beim zweiten Mal nur noch schlechter und großkotziger. Was sind das für Menschen, die einem solche selbstgefälligem Autor zu Ruhm verhelfen? Ein Blick auf den Abschaum der Gesellschaft, der sich betrunken, stinkend, arm und gewalttätig in den schmutzigen Ecken der Städte aufhält. Sozialvoyeurismus, mit diesem hochnäsigen Blick der gebildeten Menschen. Buh, Clemens Meyer hat auch mal von der Sütze gelebt, darum kann er sich diesen Blick leisten oder was? Klassengesellschaft wird leider nicht alleine von Geld erzeugt. Clemens Meyer schreibt für die Menschen, die "oben" sind, über die die "unten" sind. Die die "unten" sind, werden seine Bücher wohl kaum lesen, denn "unten" fehlt es oft am Licht, um Bücher zu lesen. Das Schild des Bildungsbürgertums aus welchem Herr Meyer stammt, hält er auch brav in jedem Satz mindestens einmal lautstark in die Höhe. Das ist irgendwie so wie Bildzeitung fürs Bildungsbürgertum. Mir rollen sich bei so etwas immer nur die Zehennägel hoch. Brrrrr. Und sollte ich ihn einfach nur Missverstehen, dann erkläre ihn mir doch bitte mal jemand. Gewalten ist auch bei weitem nicht das einzige Buch, welches ich von ihm gelesen habe.
Und was habt ihr im vergangenen Monat so verschlungen? Ich schicke meinen Samstagskaffee noch zu Andrea und dann schlage ich das nächste Buch auf. Heute schonmal für Mai anfangen.