Von Zeit zu Zeit komme ich mit Menschen, die ich sonst nicht so oft zu Gesicht bekomme an Tischen zusammen. Man quatscht, über dieses und jenes. Je nachdem wie nahe man sich steht, desto tiefer geht es vielleicht. Vor allem bei Menschen mit denen ich mich nicht so oft treffe, die evtl. in meinem Alter oder etwas darüber sind, drehen sich die Gespräche früher oder später um Erwachsenenthemen: Hochzeitspläne, Kinder, Hauskauf/-bau/-renovierung, neue Jobs, Aufstiegschancen, Gehaltserhöhungen, Familienurlaube, neue Autos.... Die meisten Menschen haben zu diesen Themen viel zu erzählen. Ich sitze dann im Kreis in dem ein regelrechter Schlagabtausch, Austausch von Meinungen, Erfahrungen und guten Tipps von statten geht. Meistens sitze ich daneben. Höre still zu, staune. Egal in welchen Kreisen man sich da nach langer Zeit wieder trifft: Meist sind es ähnliche Aussagen.
Ich bleibe wie gesagt bei solchen Themen meistens still, was eigentlich nur so bedingt mein Stil ist. Ich rede gerne mit. Aber bei diesen Themen habe ich nichts mitzureden. Ich plane keinen Hauskauf, keine Hochzeit, bekanntermaßen auch keine Kinder. Ich liebe meinen Job, könnte zig wundervolle Schulgeschichten erzählen, habe aber keine Aufstiegsambitionen. Meistens merkt irgendwer, dass ich still daneben sitze, beobachte und mich nicht äußere. Dann fällt die Frage: "Und was gibt es bei dir neues?"
Was bleibt da noch zu erzählen? Im ersten Vergleich erscheint mein Leben dann total langweilig. Es kann dann in mehrere Richtungen gehen. Ich kann erzählen, von meinen ersten Malen in der vergangenen Zeit: Socken stricken, Ton drehen, Teppiche weben, Siebdrucken. Ich kann erzählen von den Reisen. Die meisten Menschen meinen zu wissen, was in der Schule los ist, von daher brauche ich damit gar nicht anfangen. Ich kann erzählen von den Büchern, die ich verschlungen habe, den Konzerten und Demonstrationen, die ich besucht habe. Es sind viele kleine Dinge. Viele kleine Dinge, die mein Leben für mich zu etwas Gutem machen, zu etwas lebenswertem, befriedigendem. Mich treibt es nicht um, dass ich etwas verpassen würde. Es ist vollkommen in Ordnung so wie es ist. Wenn ich jetzt in diesem Moment tot umfallen würde, wäre ich mit meinem Leben total zufrieden.
Und doch ist es eher selten das, was ich erzähle. Es ist nicht das große, was man sich im Leben zu erfüllen hat. Laut entwicklungspsychologischer Statistik liege ich mit meinem Lebensentwurf total daneben. Neben dem der Mehrheit. Ich hatte schon immer eher den Drang die Dinge so zu machen, wie es die anderen nicht tun. Immer dann wenn ich mit Menschen über das Leben rede, kommt das stark zur Geltung. Ich habe auch keinerlei Ambitionen mich mit Dingen wie Kinder kriegen oder heiraten auseinander zu setzen. Das steht in meinem Leben nicht zur Debatte. Es sind Dinge, die ich nicht möchte oder brauche. Vor allem über das Kinderkriegen habe ich mich hier schonmal ausgelassen. Früher hat mich das oft deprimiert, man will ja irgendwie dazugehören. Auch heute noch ertappe ich mich dabei, wie ich innerlich seufze, wenn die nächste Hochzeitseinladung, Hauseinweihung oder Babyankündigung in mein Leben flattert. Aber grundsätzlich ist es mittlerweile okay. Ich fühle mich nicht mehr anders als die anderen, sondern höchstens noch, dass die anderen anders als ich sind. Es hat ein bisschen gedauert. Freundschaften sind darüber auseinandergegangen, Menschen auf der Strecke geblieben. Vielleicht habe ich auch den ein oder anderen Menschen damit enttäuscht. Manchmal bin auch ich enttäuscht, weil keiner mehr mitkommt dahin, wo ich lebe. Auf Konzerten, Demonstrationen, in der Subkultur.
Am Tisch bleibe ich dennoch meistens still. Immer noch. Ich staune, führe im Geiste Sozialstudien. Ich mag diese Menschen, die mit diesen Lebensentwürfen noch übrig geblieben sind. Irgendeine Verbindung gibt es noch, sonst würde ich nicht mit ihnen am Tisch sitzen. Darum gibt es auch keine Äußerungen wie in dem Song von KETTCAR "Am Tisch", auch wenn dieser Song oft verdammt nah dran ist. Wir sehen uns aber auch nicht besonders häufig. Doch mein Leben ist nicht so langweilig, wie es anmuten mag. Auch ohne Kind, Ehering und Eigenheim oder ein anderes großes Lebensziel kann man zufrieden leben und es wird nicht langweilig. Schade, dass das so viele nicht wissen. Es hätte sicher einige Freundschaften gerettet. Und sicherlich wird es hier hin und wieder mal den ein oder anderen weiteren Beitrag zum Thema geben.